Samstag, Dezember 6, 2025

“Von schwerer Schuld auszugehen”: WKStA bekämpft Wöginger-Diversion

Der Fall Wöginger geht in die nächste Instanz, die WKStA bekämpft die Diversion von Linz. In der ZackZack vorliegenden Beschwerde schreibt sie, es sei “von schwerer Schuld auszugehen.”

So hätten sich das August Wöginger, die ÖVP und auch der Bundeskanzler nicht vorgestellt. “Die Richterin hat ihm heute ein Angebot zur Diversion gemacht, das hat er angenommen. Damit ist die Angelegenheit für ihn und für die Volkspartei erledigt”, schrieb Christian Stocker über Klubobmann Wöginger am 7. Oktober auf X.

In den folgenden Wochen blieb nicht nur die öffentliche Empörung über die Geschehnisse am Landesgericht Linz groß – auch die Justiz stellte mittlerweile klar, dass sie sich mit dem Ausgang des Prozesses nicht zufrieden gibt. Ende Oktober wies die Oberstaatsanwaltschaft Wien (nach Absegnung des Justizministeriums) die WKStA dazu an, Beschwerde gegen die Diversion einzulegen.

Wögingers “Verantwortung” reiche nicht aus

Das sechsseitige Papier, das ZackZack vorliegt, äußert drastische Einwände gegen eine Straffreiheit im Fall Wöginger. Im Gegensatz zum Landesgericht Linz wird die Schwere der Tat, der entstandene Schaden und eine generalpräventive Wirkung ins Treffen geführt.

Gleich vorweg merkt die Korruptionsstaatsanwaltschaft im ersten Absatz aber auch an, dass sie sich mit ihrer jetzigen Beschwerde nicht selbst widerspricht: “Vorauszuschicken ist, dass die zustimmende Äußerung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vom 7. Oktober 2025 der Beschwerdelegitimation der Anklagebehörde nicht entgegensteht.” Die WKStA hatte in der Verhandlung ja noch erklärt, eine Diversion ginge sich “gerade noch” aus.

Die vorliegende Beschwerde sieht das anders: Eine Diversion bei einem Delikt wie Amtsmissbrauch setze “besondere unrechts- oder schuldmindernde Umstände voraus” – Wögingers bloße Erklärung, Verantwortung zu übernehmen, genüge dafür laut WKStA nicht:

In diesem Zusammenhang ist allerdings insbesondere beim seit Jahrzehnten in der Politik tätigen Drittangeklagten (Anm.d.Red.: Wöginger) darauf hinzuweisen, dass die Deposition, Verantwortung zu übernehmen, zwar grundsätzlich zur Erfüllung des Diversionserfordernisses der Verantwortungsübernahme hinreicht, ein besonders als schuldmindernd zu veranschlagendes Geständnis liegt angesichts der gleichzeitigen Behauptung, „das in dieser Dimension nicht vorhergesehen zu haben“ jedoch nicht vor.”

“Wirkung gegenüber potentiellen Nachahmungstätern”

Die WKStA legt weiters nach, wieso sie von “schwerer Schuld” ausgehe: “Als schuldsteigernd ist demgegenüber beim Drittangeklagten zu bewerten, dass dieser als Bestimmungstäter wiederholt und über einen längeren Zeitraum insistierend die Herbeiführung der befugnismissbräuchlichen Bestellungsentscheidung forderte.”

Betroffen seien davon letztlich alle drei Beschuldigten, neben Wöginger bekanntlich zwei Finanzbeamte mit ÖVP-Nähe: “Handlungs- und Gesinnungsunwert erreichen bei sämtlichen Angeklagten insgesamt daher eine Unwerthöhe, die im Wege einer überprüfenden Gesamtbewertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist (…), sodass insgesamt von schwerer Schuld auszugehen ist.”

Neben einer Feststellung, dass der entstandene Schaden nicht geringfügig sei, würden auch “generalpräventive Aspekte” gegen die Diversion sprechen. Postenschacher sei ein seit Jahrzehnten bestehendes “gesellschaftliches” und “demokratiepolitisches Problem”:

bildschirmfoto 2025 11 17 um 12.22.08
Aus der WKSta-Beschwerde

“Unabhängig von einem in der öffentlichen Wahrnehmung zu befürchtenden Vertrauensverlust ist das durch den Verfahrensabschluss mit Geldbuße nach pauschaler Übernahme der Verantwortung vermittelte Signal, selbst im Falle einer wie hier verdichteten Verdachtslage müsse letztlich nicht mit einer Verurteilung gerechnet werden, sondern sei dem Rechtsstaat durch die Übernahme von Verantwortung und Zahlung eines Geldbetrags Genüge getan, nicht geeignet, abschreckende Wirkung gegenüber potentiellen Nachahmungstätern zu entfalten“, so die Staatsanwaltschaft.

Letztlich äußert die WKStA außerdem Zweifel, ob die geleistete Zahlungen der Beschuldigten – Wöginger zahlte nach dem Prozess 44.000 Euro – für eine präventive Wirkung angemessen waren. Dies sei “mangels dem Beschluss zu entnehmender Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Angeklagten nicht beurteilbar.”

Oberlandesgericht wird prüfen

Nach der WKStA-Beschwerde wird nun das Oberlandesgericht Linz mit einer Prüfung der Causa betraut. Das OLG kann die Diversion dann bestätigen oder eine Neuverhandlung in erster Instanz anordnen.

Auch die Generalprokuratur kann noch tätig werden und eine “Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes” einlegen – nach einer ZackZack-Aktion langten dazu hunderte Anregungen bei der Behörde ein.

Für Wöginger “und die Volkspartei erledigt”, wie es Bundeskanzler Stocker formulierte, ist die Angelegenheit damit also noch länger nicht. Für August Wöginger und die Mitbeschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Autor

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

48 Kommentare

48 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare