Das Budgetfiasko hat zwei Gründe: Bundesländer und Einwegflaschen.
Gestern saß Karl Nehammer auf einer Bühne der Buch Wien, präsentierte sein Buch mit dem verräterischen Titel “Sich selbst treu bleiben” und schimpfte. Er hat es Journalisten immer noch nicht verziehen, dass sie ab und zu Teile der Wahrheit über ihn öffentlich machten. Nicht einmal das hat er verstanden: dass er als erfolgreichste Einwegflasche Österreichs allen danken sollte, die bei der Beförderung des totalen Unteroffiziers zum europäischen Spitzenbanker ein bisschen mitapplaudiert haben.
Karl-Prinzip
Das Prinzip der politischen Einwegflasche geht so: Der Einweg führt immer weiter nach oben, bis aus dem Peter-Prinzip, dass man in einer Hierarchie nur eine Stufe über das eigene Fähigkeitsniveau aufsteigt, das Karl-Prinzip geworden ist: dass man immer weiter aufsteigt, bis alle vergessen haben, wie sehr man bereits für die Stufen darunter ungeeignet war.
Nehammer war nicht der Einzige, den das Karl-Prinzip nach oben gespült hat. Seit 2017, dem ersten Jahr der Kurz-Kanzlerschaft, hat die ÖVP personell auf die Produktion großer Einwegflaschen umgestellt. Sie laufen vom Parteiband und landen verlässlich dort, wo sie den größten Schaden anrichten: im Innenministerium, im Verteidigungsministerium, im Wirtschaftsministerium und vor allem in den Landesregierungen. Dort verteilen sie Geld, das sie nie gehabt haben, und nennen das „Budget“.
Budgets platzen
Jetzt, wo gesamtstaatlich gespart werden muss, beginnen diese Budgets zu platzen. Bis vor kurzem hat nicht einmal der Finanzminister gewusst, wie dramatisch sich die Bundesländer verschuldet haben. Aber eines weiß er: dass es dafür genau drei Gründe gibt: dass von der Größe her ungeeignete Körperschaften namens „Bundesländer“ Milliarden ausgeben dürfen; dass sie etwas tun, was unter ihnen Gemeinden und über ihnen der Bund besser und billiger könnte; und dass mit wenigen Ausnahmen leere Einwegflaschen in den Landesregierungen sitzen.
Einige von ihnen musste ich aus der Nähe kennenlernen und mich davon überzeugen, dass sie aus einem einfachen Grund nicht wissen konnten, was sie tun: weil sie überhaupt nichts wissen. Wolf Biermann hat die Kompetenzfrage einmal so formuliert:
Was hast du im Schädel – Dreck oder Stroh? Sag, bist du so dumm oder tust du nur so?
Das macht in fast allen Bundesländern den Unterschied: nur Stroh die eher Harmlosen, immer mehr Dreck eine wachsende Zahl anderer. Sie wollen Hubschrauber statt NGO´s und haben den Ausschlag gegeben, FPÖ-Gegner Harald Mahrer aus der Wirtschaftskammer zu kippen und auch dort alles für die blau-schwarze Machtübernahme vorzubereiten.
Das einzige Glück ist, dass EU-Vorschriften jetzt zeigen, was unter des Landesrats neuen Kleidern steckt: das teuerste Nichts der Republik.
Von dieser Regel gibt es nur vier Ausnahmen: Wien, weil die Hauptstadt nur am Rande „Bundesland“ ist; das Burgenland, wo Doskozil allen in seiner Partei zeigen will, wie gut er in Wien regiert hätte; und die beiden westlichen Bundesländer, in denen wirtschaftliches Denken noch nicht völlig unter die Räder gekommen ist.
ÖAAB und Industrielle
Verschärft wird das alles durch die Wandlung der ÖVP. Aus einer Partei der Sozialpartnerschaft ist seit der Kurz-Machtübernahme 2017 eine Partei des Rechtsblocks geworden. Statt der SPÖ ist jetzt die FPÖ der natürliche Partner.
Gerade überrollt der ÖAAB mit dem Wirtschaftsbund die letzte Bastion der alten ÖVP. Dahinter geht es bereits um die Wirtschaftskammer, die die Industriellenvereinigung aus ihrem Weg räumen will.
Für den Weg in den Rechtsblock braucht die ÖVP Jasager, deren Loyalität nicht durch Sachkenntnis getrübt werden kann. Die Ahnungslosesten sind meist die Treuesten. Das scheint unter Kurz zum Leitsatz der Personalauswahl geworden zu sein – und nach wie vor zu gelten. Karl Nehammer war der Erste, den das ganz nach oben befördert hat.
Steigbügel
Es gibt nur einen Weg der Sanierung: die Abschaffung der Bundesländer und die Abwahl der Flaschen. Dazu bräuchte es allerdings Parteien, die sich das zutrauen und dafür kämpfen.
Für Markus Marterbauer gilt das übrigens alles nicht. Im Gegensatz zu seinen Kolleginnen aus der Kanzlerpartei weiß er, was er tut, und er tut es offensichtlich nicht gerne. Sein Sparbudget ist ein Pfusch aus Privilegien für Diesel und Reiche auf Kosten von Umwelt, Bildung und Gesundheit. Ich glaube Marterbauer, dass er lieber ein sinnvolles Budget erstellen würde. Aber er erfüllt die Rolle, die der SPÖ im Übergang zum kommenden Rechtsblock zugewiesen ist: Steigbügel zu sein.
Ich nehme an, dass er auch das weiß.
p.s.: Ab 14.00 Uhr bin ich beim ZackZack-Stand auf der Buch Wien und freue mich über alle, die uns dort besuchen.
Kommentar um 9.20 Uhr ergänzt.
