Samstag, Dezember 6, 2025

Sterbehilfe für Medien

Wenn sich die Medien nicht radikal ändern, ist mehr Presseförderung nur mehr Sterbehilfe.

Heute steht in der „Morgenpost“ der Kleinen Zeitung ein bemerkenswerter Satz: „Die heimischen Medienunternehmen (zumindest die privaten, die sich nicht aus Steuergeld oder Haushaltsabgabe finanzieren) setzen nun alles daran, ihr eigenes Überleben und das ihrer Produkte zu sichern.“

Presseförderung und Regierungsinserate fallen wohl unter „Steuergeld“. Also stellt sich die Frage, wen neben ZackZack die Redakteurin der Kleinen Zeitung noch meint.

Falls Christina Traar aber ihr Blatt und dazu noch Die Presse, Kurier und oe24 meint, sind wir mitten im Problem. Traar meint: „Die Journalistinnen und Journalisten in diesem Land sind nicht fehlerfrei, es wurde Vertrauen verspielt und auf viele technische Entwicklungen hat man spät bis gar nicht reagiert.

Vertrauen verspielt

Das stimmt. Aber wie wurde Vertrauen verspielt? Ist es nicht so, dass von Kurier bis Presse die ÖVP schöngeschrieben wurde? Kann sich plötzlich niemand mehr erinnern, wie man als Kurz-Claque Inserate kassierte und den Schwindelkanzler zum politischen Wunder hochschrieb? Und wie war das mit Nehammer und ist das jetzt mit Stocker?

Warum ist es so seltsam still, wenn es um die faulen Russland-Geschäfte von Raiffeisen und die zwielichtigen Russland-Geschäfte von Industriellen-Präsident Knill geht? Warum hat man von Putins Netzwerken in Österreich bis zu Pilnaceks Spuren in Polizei und Strafjustiz fast nichts selbst recherchiert? Warum sitzen bis zu 150 Personen in Redaktionen, die in der Innenpolitik immer öfter nur APA-Meldungen abschreiben?

Vertrauen müssen sich auch Medien verdienen, und das geht nur auf einem Weg: durch absolute journalistische Unabhängigkeit und die Bereitschaft, auch die heißeren Eisen anzugreifen. Wenn man immer nur daran denkt, wie leicht man sich die Finger verbrennt, wird das nichts.

Klein und groß

Hat sich jemals wer in einer der wirtschaftlich nicht mehr lebensfähigen Zeitungen überlegt, warum wir bei ZackZack mit einer kleinen Redaktion ganz ohne Presseförderung und Regierungsinserate im Vergleich zu ihnen ein Vielfaches an investigativen Recherchen schaffen? Hat sich irgendjemand dort überlegt, warum uns immer mehr Menschen vertrauen und uns die ÖVP alles zutraut?

Wenn es bei uns wirtschaftlich knapp wird, weil wir schon wieder gleichzeitig fünf gerichtliche Angriffe aus den türkisen und schwarzen Zentralen abwehren müssen, wenden wir uns an unsere Leserinnen und Leser – und freuen uns jedes Mal, wie groß die Unterstützung ist.

Das Neue

Damit es kein Missverständnis gibt: Ich glaube keine Sekunde, dass ZackZack gute traditionelle Zeitungen ersetzen kann. Aber ich glaube auch nicht, dass sich alle von ihnen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen können.

Wenn die alten Zeitungen so weitermachen, wird eine Erhöhung der Medienförderung nur eine Erhöhung der Sterbehilfe durch Medienminister Babler sein. Genau an diesem Punkt sollte man sich überlegen, ob das Neue, das wir trotz und gegen Twitter & Co. brauchen, in den alten Medien entstehen kann – oder nur an ihrer Stelle.

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