Samstag, Dezember 6, 2025

Pilnacek-Prozess: Polizeichef Takacs noch stärker belastet

Am Dienstag wurde der Prozess rund um das Pilnacek-Buch fortgesetzt. Die dreistündige Aussage von Karin Wurm verlief emotional. Zur Sprache kamen dabei auch zwei brisante Treffen – eines im Justizcafé, das andere in einem niederösterreichischen Steakhouse.

Im Prozess, in dem hochrangige Polizeibeamte – darunter Bundespolizeidirektor Michael Takacs und LKA-Chef Stefan Pfandler – ein Verbot des Pilnacek-Buches erwirken möchten, ging es am Dienstagvormittag in die fünfte Runde.

Gleich zu Beginn kam es zu einer überraschenden Programmänderung: Anna P., die im BMI-Kabinett, im Parlament und in der ÖVP-Akademie für Wolfgang Sobotka tätig war, ließ sich krankheitsbedingt entschuldigen. Noch am Montag hatte ihre Anwältin um eine Verlegung ihrer Aussage vom Vormittag auf den Nachmittag gebeten – nun folgte die vollständige Absage.

Stattdessen erschien Pilnaceks letzte Lebensgefährtin Karin Wurm, die am Vormittag rund drei Stunden lang vor Richter Daniel Potmesil aussagte. Ihre Einvernahme war teils von heftigen Emotionen geprägt und brachte einige brisante Neuigkeiten ans Licht.

Verschwinden lassen

Zentrales Thema war der private Laptop Pilnaceks. Recherchen von Michael Nikbakhsh dokumentierten, dass Anna P. im Dezember 2023 darüber sprach, wie ihr Bundespolizeidirektor Takacs gesagt habe, sie solle den Laptop verschwinden lassen. Wurm bestätigte, dass P. dies sowohl nach einem Telefonat als auch bei dem Treffen mit Nikbakhsh so erzählt habe. In einer späteren Einvernahme durch die WKStA vollzog Anna P. jedoch eine beachtliche Kehrtwende: Sie habe das Nikbakhsh unter Alkoholeinfluss erzählt und die Unwahrheit gesagt.

Vor Gericht brachte ZackZack-Herausgeber Peter Pilz am Dienstag dann eine E-Mail des „Krone“-Journalisten Erich Vogl ein. Darin schildert Vogl, dass Anna P. genau dasselbe bei einem weiteren Treffen am 12. November 2023 – diesmal in einem Steakhouse in Niederösterreich – gesagt habe.

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Takacs bestreitet diese Darstellungen vehement.

Vogl erinnert sich genau, was Anna P. ihm in einem niederösterreichischen Steakhouse erzählt hat: “Hier sprach Anna P. erinnerlich auch davon, dass ihr Polizeidirektor Michael Takacs geraten habe, den Laptop, der ja bekanntlich nicht ausgehändigt worden war, verschwinden zu lassen.”

Damit wird Takacs jetzt dreifach belastet: durch das Steakhouse-Treffen, durch die 5er-Runde im Keller des Journalisten Michael Nikbakhsh und durch ein Telefonat, das Anne P. kurz nach Pilnaceks Tod mit Takacs geführt – und gleich alles Wurm erzählt hatte.

Brisantes Treffen im Justizcafé

Im Zusammenhang mit Pilnaceks angeblich belastendem Wissen über hochrangige Persönlichkeiten berichtete Wurm außerdem von einem bisher unbekannten Treffen im Justizcafé auf dem Dach des Wiener Justizpalastes.

Dort seien neben Anna P. auch eine weitere Sobotka-Mitarbeiterin sowie Michael Kloibmüller anwesend gewesen. Letzterer habe dabei sinngemäß Pilnaceks Aussage zitiert: „Wenn ich auspacke, dann gehen viele in den Häfn.“

Neben brisanten Neuigkeiten gestaltete sich Wurms lange Einvernahme auch sichtlich emotional.

Wurm: “befragt wie eine Mörderin”

Nachdem Wurm mehrfach starke Zweifel an den offiziellen Todesumständen äußerte, geriet sie ins intensive Kreuzverhör der Klägerseite – vertreten durch Peter Zöchbauer und Lisa Poppenwimmer. Wurm wurde dabei auch mit teils seltsamen Vorhalten konfrontiert. So zweifelte Poppenwimmer etwa Wurms frühere Aussage an, wonach Pilnacek ihr erzählt habe, auf seinem Laptop befänden sich „30 Jahre Justizgeschichte“. Das schräge Argument dahinter: Der Laptop sei ja nicht so alt.

An anderer Stelle wurde Wurm vorgehalten, sie habe sich am Tag des Todes von Pilnacek beim mittlerweile verstorbenen Unternehmer und Pilnacek-Freund Wolfgang Rauball über eine zugesagte Zahlung von 100.000 Euro erkundigt. Dabei sollte Wurm offenbar eine Art Pietätlosigkeit umgehängt werden. Wurm entgegnete: „Warum hätte ich nicht danach fragen dürfen? Es ging um meine Existenz.“ Pilnacek hätte für sie mit Rauball einen Vertrag über eine entsprechende Investition in eine Modeboutique aufgesetzt.

Wurm zeigte sich durch die Fragen der Klägerseite zunehmend verunsichert. „Ich fühle mich befragt wie eine Mörderin“, so die Zeugin. Richter Potmesil bemühte sich mehrfach, die Situation zu beruhigen.

Weitere Prozesstage folgen

Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt. Mit Spannung erwartet wird die Aussage der Gemeindeärztin Dagmar W. Sie hatte in Einvernahmen angegeben, dass ihr Vorschlag für eine Obduktion von Pilnaceks Leichnam auf massiven Widerstand gestoßen sei. Ihre Angaben decken sich mit den brisanten Ausführungen von Staatsanwältin Kristin S., die bereits am Montag aussagte.

Für Anna P. wird ein neuer Termin gesucht. Das Gericht will auf die Chance, Licht ins Sobotka- und Takacs-Dunkel zu bringen, nicht verzichten.

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