Heute hat die FPÖ ihr Verlangen auf Einsetzung des reinen Pilnacek-U-Ausschusses im Nationalrat eingebracht. ZackZack kennt alle Punkte, die untersucht werden sollen. Die NEOS wollen, dass das Verlangen diesmal nicht durch die ÖVP blockiert wird.
Dem Pilnacek-Untersuchungsausschuss steht nicht mehr viel im Weg: Am heutigen Mittwoch wird die FPÖ ihr Verlangen auf Einsetzung des parlamentarischen Kontrollinstruments im Nationalrat einbringen. NEOS-Abgeordnete Sophie Wotschke stellt gegenüber ZackZack klar: “Wir gehen davon aus, dass das Verlangen diesmal nicht blockiert wird, darauf werden wir auch hinarbeiten.”
Das sechsseitige Verlangen, das ZackZack vorliegt, behandelt nach der Aufhebung des VfGH nur noch die Causa Pilnacek. Mit ihrem Versuch, auch das Thema Corona im Ausschuss zu behandeln, war die FPÖ ja gescheitert. Der Pilnacek-U-Ausschuss hat nun Vorrang.
Welche Punkte untersucht werden sollen
In ihrem Verlangen listen die Freiheitlichen zwölf Punkte, die “hinsichtlich politischer Einflussnahme zu untersuchen” wären. Sie decken sich weitestgehend mit dem, was ZackZack-Recherchen und das Pilnacek-Buch von Herausgeber Peter Pilz bereits zutage gefördert haben.
Jeder der Punkte des Verlangens ist ein konkreter Vorwurf an Landeskriminalamt Niederösterreich, Staatsanwaltschaft Krems, Oberstaatsanwaltschaft Wien und Spitzen aus Innenministerium und ÖVP Aspekte:
- “Erhellt werden soll (…) insbesondere die allfällige politische Einflussnahme auf Anordnungen in Zusammenhang mit der Sicherung von Tatort und Spuren und deren Auswertung, der Feststellung des Todeszeitpunkts, der Obduktion, der Rufdatenrückerfassung sowie der Sicherstellung und Auswertung von Datenträgern.“
Da geht es von Bundespolizeidirektor Michael Takacs bis zu Sebastian Kurz und Wolfgang Sobotka. Hier sind viele Fragen offen.
- “Unbefugte Entfernung von Beweismitteln aus dem Ermittlungsverfahren durch Beamte des LKA Niederösterreich.“
Im Mittelpunkt steht hier Pilnaceks privates Handy und dessen Blitzvererbung an Witwe und Gerichtspräsidentin Caroline List mit anschließender thermischer Entsorgung durch List.
- “Unbefugte Ermittlungen ohne Auftrag der fallführenden Staatsanwaltschaft und ohne Berichte an sie.”
Der Rechtsanwalt der Präsidentin wollte wissen, wo Pilnaceks privater Laptop ist. Sofort begann die Kripo zu ermitteln. Im Akt findet sich kein Auftrag der Staatsanwaltschaft.
- “Nichtübermittlung wesentlicher Beweismittel durch das LKA Niederösterreich an die StA Krems und Zurückhaltung dieser in einem „Handakt”.“
Stück für Stück tauchen entscheidende Bilder vom Tatort auf. Bis vor kurzem lagen sie in einem “Handakt” im Landeskriminalamt und nicht bei der Staatsanwaltschaft in Krems. Dasselbe gilt für die “Sicherungskopie” der Pilnacek-Smartwatch. Warum wurden die Watch-Daten nicht der Staatsanwaltschaft übergeben?
- “Verfälschung von Ermittlungsergebnissen und Beweismitteln durch Beamte des LKA Niederösterreich, insbesondere hinsichtlich der Auswertung der Smartwatch von Christian Pilnacek.“
Der IT-Bericht der WKStA begründet einen schweren Verdacht: Ist (mehrfach) versucht worden, Daten auf Pilnaceks Smartwatch zu löschen? Und sind Daten verändert worden? Aber es geht auch um Fußspuren und manipulierte Ergebnisse der Obduktion.
- “Prüfung der Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens wegen eines Tötungsdelikts, aufgrund des Vorliegens neuer Beweise und Gutachten, die Suizid als Todesursache ausschließen.“
Nach dem Erscheinen des Pilnacek-Buchs von Peter Pilz ordnete die Oberstaatsanwaltschaft Wien die Prüfung einer Neuaufnahme der Ermittlungen zu Pilnaceks Tod an. Damit stellt sich eine Frage: Warum ist bei der Ermittlung der Todesursache nicht allen Spuren nachgegangen worden?
- “Übertragung der Zuständigkeit von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt durch Entscheidung der Oberstaatsanwaltschaft Wien.“
Mit der Entziehung des Pilnacek-Verfahrens setzte die Oberstaatsanwaltschaft die Flucht nach vorne fort – und opferte die Staatsanwaltschaft Krems. Was ist hier im Hintergrund passiert?
- “Gezielte strafrechtliche Verfolgung von Personen, die als Journalisten an der Aufarbeitung dieser Vorgänge beteiligt waren.“
Kronen Zeitung-Journalist Erich Vogl wurde gemeinsam mit ZackZack-Herausgeber Peter Pilz lange wegen des Verdachts der Hehlerei rund um Pilnaceks Laptop verfolgt. Warum reichte eine wirre Anzeige durch die Grazer Gerichtspräsidentin, um zwei Journalisten ohne ernsthaften Anfangsverdacht zu verfolgen?
- “(Versuchte) Einflussnahme auf die mediale Berichterstattung.”
Mit Die Presse, profil und Falter standen drei Medien regelmäßig auf der anderen Seite. Parallel dazu wurde versucht, mit SLAPP-Klagen nicht nur gegen ZackZack die Aufklärung des Falls “Pilnacek” zu behindern.
- “Versuch der Verschleierung von Vorfällen im Rahmen der Ermittlungen durch Beamte des LKA Niederösterreich, des BMI, der StA Krems und der OStA Wien.”
Staatsanwaltschaften und Polizei deckten sich gegenseitig und versuchten, in Aussagen, Stellungnahmen und Presseerklärungen schwere Versäumnisse bei den Ermittlungen zu rechtfertigen.
- “Behinderung der Ermittlungen der WKStA gegen Amtsträger, etwa im Zusammenhang mit dem Verfahren 71 St 6/24h und in Bezug auf die Sicherungskopie der Smartwatch.”
Das Landeskriminalamt verweigerte der WKStA die Herausgabe der Sicherungskopie der Smartwatch. Hat es Tage später einen Löschungsversuch im Landeskriminalamt gegeben? Und: Hat die WKStA die vollständigen Daten der Smartwatch erhalten?
- “Nichtbeachtung möglicher Zusammenhänge von Pilnaceks Ableben vor dem Hintergrund seiner Beratungstätigkeiten zugunsten von aktiven oder ehemaligen ÖVP-Amtsträgern sowie allfälliger Versuche, zugunsten von Personen im Umfeld der ÖVP Einfluss zu nehmen.“
Pilnacek beriet nicht nur Sebastian Kurz und Wolfgang Sobotka. Hatten führende Politiker und Beamte etwas von den Daten auf Pilnaceks Handy und Smartwatch zu befürchten?
Wie es weitergeht
Nach dem heutigen Einbringen soll alsbald – maximal binnen vier Wochen – der Geschäftsordnungsausschuss tagen. Dann wird sich zeigen, ob die ÖVP dort auch den neuen, kompakt formulierten Untersuchungsgegenstand blockieren wird. Dafür bräuchte sie eine Mehrheit, zumindest die SPÖ müsste mitstimmen. Laut Koalitionsabkommen müssen die Koalitionsparteien die mögliche Blockade der ÖVP unterstützen. Darauf weist auch die NEOS-Ausschussvorsitzende Sophie Wotschke hin. Die Abgeordnete ist aber optimistisch, dass das Verlangen im Geschäftsordnungsausschuss diesmal durchgeht.
Formell eingesetzt werden könnte der U-Ausschuss dann bereits Mitte Oktober, etwa während der Plenartage am 15. oder 16.10. Dann folgen umfangreiche, neue Aktenlieferungen und in weiterer Folge die Ladung von Auskunftspersonen. Mit den Befragungen wird im Dezember oder spätestens Jänner begonnen werden. Von Wolfgang Sobotka und Sebastian Kurz bis Michael Takacs und Christian Stocker können Spitzen aus der ÖVP mit Post aus dem Parlament rechnen.
