Am 17. Juni 2024 verweigerte das Landeskriminalamt St. Pölten der WKStA die Herausgabe der Daten der Pilnacek-Smartwatch. Eine Woche später passierte etwas. Erst danach bekam die WKStA ihre Kopie.
Am 17. Juni 2024 wurden zwei Beamtinnen des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung im Landeskriminalamt Niederösterreich vorstellig. Im Auftrag der WKStA übergaben sie Stefan Pfandler, dem Direktor des Landeskriminalamts, ein schriftliches Ersuchen: „Für die Klärung des Sachverhaltes wird im Rahmen der Amtshilfe ersucht eine Kopie der Daten der Smartwatch Galaxy Watch 3 des Mag. Christian Pilnacek an die Beamten des BAK auszufolgen.“
Pfandlers Weigerung
Die Beamtinnen erlebten eine Überraschung. Pfandler weigerte sich, dem BAK die Kopie der Smartwatch-Daten zu übergeben. Die fallführende Oberstaatsanwältin der WKStA notierte im Akt: „Ermittlerinnen T. und B. vom BAK kontaktieren mich am Vormittag des 17.06.2024 und teilen mir mit, dass sie nach telefonischer Vorankündigung am vorangegangenen Freitag bei Brigadier Stefan Pfandler im LKA NÖ vorstellig geworden seien, um die elektronischen Daten zur in Verfahren der StA Krems 5 UT 138/23y erfolgten Smartwatch-Auswertung sicherzustellen. Dieser verweigerte die Ausfolgung; das vom BAK vorbereitete schriftliche Amtshilfeersuchen sei aus seiner Sicht nicht hinreichend begründet.“

Am 2. Juni 2025 sagte Pfandler dazu im Landesgericht für Strafsachen in Wien aus. Gemeinsam mit Bundespolizeidirektor Michael Takacs hatte er beantragt, das Buch „Pilnacek – der Tod des Sektionschefs“ beschlagnahmen zu lassen. Jetzt erklärte er, wie es am 17. Juni 2024 weitergegangen war: „Die haben daraufhin vor Ort ein Telefonat mit der zuständigen Staatsanwältin, Frau Dr. T. geführt und ich habe ihr das genauso gesagt, wie ich es den Kolleginnen des BAK gesagt habe, worauf sie zunächst gemeint hatte, dass sie mit einer Sicherstellungsanordnung kommen wird, woraufhin ich gesagt habe „Spannend. Okay.“ und sie darauf erwiderte „Gut, das wird dann aber noch einige Zeit dauern, weil sie jetzt momentan keine Zeit habe, vielleicht nächste oder übernächste Woche.“ Ich habe ihr dann gesagt „Gut, das ist kein Problem. Wir sind da und die Daten auch.“
Die BAK-Beamtinnen fuhren ohne Stick nach Wien zurück. Pfandler berichtete, was dann passierte: „Dann sind circa drei oder vier Wochen vergangen, haben mich die Kolleginnen und Kollegen des BAK erneut angerufen und sind diesmal mit einem ausführlich begründeten Amtshilfeersuchen der WKStA gekommen. Und daraufhin haben sie ohne Probleme, und genauso wäre es auch das erste Mal gewesen, wenn es schon beim ersten Mal schon so ausführlich gewesen wäre, die Kopie der Daten der Smartwatch bekommen.“
Gelöschte Daten
Erst ein Jahr später stellte sich heraus, dass in diesen Tagen noch etwas mit den Daten der Smartwatch passiert war. Am 19. Mai 2025 lag der WKStA ein brisanter Bericht vor. Der IT-Experte der WKStA hatte die Daten, die Pfandlers Landeskriminalamt mit Verspätung dem BAK überlassen hatte, analysiert – und war auf etwas gestoßen. Sein Bericht, den die WKStA unter Ordnungsnummer 67 zu ihrem Akt nahm, hielt fest: „Ebenfalls wird angemerkt, dass sich auf dem Speichermedium, auf welchem das Abbild der Smartwatch übergeben wurde, eine Datei namens ~$xlsxReport_Gelöschten Daten.xlsx vorhanden ist. Bei dieser Datei handelt es sich um eine WRDTMP-Datei, welche als einzige Datei in der Sicherung der Smartwatch einen Erstellzeitpunkt vom 2024-06-24 17:07:42 ausweist.“

Dann kommt ein entscheidender Punkt: „Alle anderen Dateien weisen Erstellzeitstempel im Intervall 2024-01-03 14:22:21 bis 2024-01-03 14:40:35 aus.“ Am 2. Jänner 2024 hatte das Bundeskriminalamt von 13.02 bis 14.44 Uhr eine Sicherungskopie von Pilnaceks Smartwatch erstellt und abgespeichert. Auf 1275 Seiten hatten sie in dieser einen Stunde und 42 Minuten alles, was im Jänner 2024 noch auf Pilnaceks Galaxy Watch 3 war, kopiert und am 3. Jänner auf den USB-Stick überspielt.
Alle Zeitstempel von der Erstellung der Kopie stammen von diesem Tag – mit einer Ausnahme: dem 24. Juni 2024.
„fuchs“
Was ist am 24. Juni 2024 mit den Daten von Pilnaceks Smartwatch geschehen? ZackZack legte den Bericht einem IT-Experten vor und erhielt eine überraschende Antwort: „Jemand hat auf dem Stick, wo die Sicherung liegt (nicht auf der Uhr) eine Excel Datei mit dem Namen „Report Gelöschte Daten“ angelegt. Beim Abziehen des Sticks vom Computer war diese Datei in Excel am Computer noch offen, deshalb wurde sie nicht gelöscht. Erstellt wurde diese Datei am 24.6.2024 um 17:07 Uhr.“
Die WKStA hat einen Hinweis auf einen möglichen Täter gefunden: „WRDTMP Daten werden von Microsoft auch als Besitzerdatei bezeichnet. Sie enthält den Namen des angemeldeten Benutzers, der die vorliegende Tabellenkalkulation geöffnet hat bzw. hatte. Im vorliegenden Fall hat offenbar jemand mit dem Benutzernamen fuchs die Datei zum damaligen Zeitpunkt geöffnet.“
Am 24. Juni lag die Sicherungskopie der Pilnacek-Smartwatch im Landeskriminalamt in St. Pölten. Am 17. Juni hatte Pfandler dem BAK die Herausgabe der Smartwatch-Daten verweigert. Als das BAK später die Daten auf einem Stick bekam, wusste dort niemand, dass am 24. Juni etwas passiert war. Aber was findet sich im „Report gelöschte Daten“? Wer hat hier in den Stick eingegriffen und vergessen, die Datei mit dem „Report gelöschte Daten“ zu schließen? Und wer war „fuchs“?
Offene Fragen
Der Eingriff in die Sicherungskopie kann kaum mehr bestritten werden. Aber die wichtigsten Fragen sind noch nicht beantwortet: Wurden im Landeskriminalamt Daten vor der Übergabe an die WKStA gelöscht? Hat die WKStA eine gereinigte Fassung der Pilnacek-Smartwatch-Daten erhalten? Sind Chats und Nachrichten, die Pilnacek in seinen letzten Stunden auf seinem Handy geschrieben hat, hier gelöscht worden? Und wenn ja – wer hat den Auftrag gegeben?
ZackZack stellte elf Fragen an die Landespolizeidirektion Niederösterreich. Die Antwort war kurz: „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, darf die Polizei keine Auskünfte dazu erteilen. Medienanfragen sind an die zuständige Staatsanwaltschaft zu stellen.“
Stefan Pfandler antwortete konkreter: „Es wird von Seiten des LKA NÖ nachdrücklich darauf hingewiesen, dass keinerlei Daten von einem dem BAK übergebenen Datenträger gelöscht wurden.“ Gestern richtete ZackZack an ihn eine zwölfte Frage: „Welche Beamtin namens “Fuchs” hat am 24.6.2024 auf die Kopie der Pilnacek-Smartwatch zugegriffen?“ Pfandler erklärte, „dass aus datenschutzrechtlichen Gründen die Namen von Bediensteten der LPD NÖ nicht bekanntgegeben werden“.
Damit wird der Pilnacek-Untersuchungsausschuss wohl auch klären müssen, wer im Landeskriminalamt Niederösterreich „fuchs“ ist.
Hochrangige Polizeibeamte wie Stefan Pfandler oder Michael Takacs wollen das Buch “Pilnacek – Der Tod des Sektionschefs” verbieten – im ZackZack-Shop ist es noch erhältlich.
Titelbild: Helmut Fohringer / APA / Picturedesk.com / ZackZack / Montage
