Geschäftsmann Tim Leiweke ergatterte 2023 zunächst den Auftrag, Wiens neue Mega-Eventhalle “WH Arena” zu bauen. Nun wurde er in den USA wegen Manipulation eines Vergabeverfahrens angeklagt. Schon bei Leiwekes Wien-Engagement gab es Vorwürfe – bei der WKStA langten zwei Anzeigen ein.
Sollte Wien bald den Zuschlag erhalten, im kommenden Jahr den Eurovision Song Contest auszutragen, wäre die geplante “Wien Holding-Arena” als Austragungsort wohl gesetzt. Nur: Das Megaprojekt – eine im Stadtteil St. Marx geplante Eventhalle mit 20.000 Plätzen – wird seit Jahren von Turbulenzen begleitet und verzögert sich massiv.
2019 stellte Wiens damals verantwortlicher Finanzstadtrat und nunmehriger Infrastrukturminister Peter Hanke erste Ideen für die Arena vor. Im Juni 2023 gab die städtische Wien Holding nach einem EU-weiten Bieterverfahren dem britischen Ableger der amerikanischen “Oak View Group” (OVG) den Zuschlag. Der einzige Mitbewerber, die unterlegene CTS Eventim, beeinspruchte die Entscheidung und bekam im Oktober 2023 vom Verwaltungsgericht Recht. Der Auftrag landete am Ende bei CTS.
Dass es rund um die Erstentscheidung für OVG und das damalige Ausschreibungsverfahren kurios zuging, förderten ZackZack-Berichte schon 2023 zutage: Aus dem Bieterkonsortium, dem OVG angehörte, hatten sich die beiden Partner PORR und “Live Nation” vor der Entscheidung verabschiedet. Am Ende blieb im EU-weitern Ausschreibung nur die britische OVG Bristol übrig – ZackZack-Recherchen zufolge eine Briefkastenfirma, die trotz ihres Sitzes außerhalb der EU als Sieger hervorging.
Nun ist die Causa um ein brisantes Kapitel reicher: Die US-Justiz hat gegen OVG-Chef Tim Leiweke, der sich damals federführend um das Wien-Projekt bemühte, im Juli Anklage erhoben. Inhalt des Verfahrens ist ausgerechnet die mutmaßliche “Manipulation eines Bieterverfahrens” zum Bau einer Mehrzweckarena in Austin, Texas. Eine vor zwei Wochen bei der WKStA eingelangte anonyme Anzeige, die ZackZack zugespielt wurde, spricht von einer Verbindung nach Wien. Schon 2023 prüften Korruptionsermittler einen Anfangsverdacht, der sich jedoch nicht erhärtete.
Anklage gegen Leiweke: “Vorwürfe von Korruption”
Die Pressemitteilung des US Departments of Justice vom 9. Juli informiert über die schweren Vorwürfe gegen den ursprünglichen Wunschkandidat der Wien Holding: “Eine Grand Jury eines Bundesgerichts hat Anklage gegen Timothy J. Leiweke, Mitbegründer und CEO der Oak View Group (OVG), erhoben. Der Vorwurf: Er soll eine Verschwörung zur Manipulation des Bieterverfahrens für eine Arena an einer öffentlichen Universität in Austin, Texas, orchestriert haben.”
Leiweke wird angelastet, “zu Gunsten seines eigenen Unternehmens manipuliert und so einer öffentlichen Universität und den Steuerzahlern die Vorteile einer Ausschreibung vorenthalten“ zu haben. Der Manager habe sich mit Konkurrenten abgesprochen und Unteraufträge in Aussicht gestellt. Zuvor habe er Kollegen gesagt, er wolle „einen Weg finden, [dem Konkurrenten] einen Teil des Auftrags abzujagen“ und ihn „zum Einlenken zu bewegen“. Passiert sei das in einem Zeitraum zwischen Februar 2018 bis Juni 2024. „Ein wichtiger Teil der Aufgabe des Office of Inspector General besteht darin, Vorwürfe von Korruption und illegaler Einflussnahme am Arbeitsplatz in den USA zu untersuchen“, sagte der zuständige Sonderagent. Leiweke trat unmittelbar nach Anklageerhebung als CEO von OVG zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bis letztes Jahr bemühte sich der OVG-Manager, das Wiener Projekt doch noch zu retten, jettete nach Österreich und zog gegenüber dem Boulevard einen besonderen Trumpf aus dem Ärmel: “Arnold Schwarzenegger wird unser Partner sein, falls wir den Zuschlag bekommen”, so Leiweke im April 2024 zu Heute. Doch auch “Arnie” als Partner nutzte nichts mehr: Im November 2024 entschied sich die Wien Holding letztlich, der CTS das Projekt zu übertragen.

WKStA prüft Anzeige zu Verbindung nach Wien
Kurz bevor der Zuschlag an die OVG im Oktober 2023 gerichtlich aufgehoben wurde, war bei der WKStA die Anzeige eines vorgeblichen Insiders eingelangt, sie liegt ZackZack vor. Darin wurden auf dreizehn Seiten angebliche Absprachen zwischen Leiweke mit Wien Holding-Chef Kurt Gollowitzer und Stadtrat Hanke im Vorfeld der Auftragsentscheidung im Juni 2023 beschrieben. Die Wiener wären damals sogar nach New York zum “Vienna Opera Ball” gereist und hätten sich mit den OVG-Vertretern im Plaza Hotel ausgetauscht, heißt es in der Anzeige.
Um mit OVG trotz des PORR-Rückzugs das Projekt durchziehen zu können, sei ein separater Datenraum zwischen Wien Holding und OVG eröffnet worden, um die Angebotslegung zu finalisieren, hieß es in der Anzeige. Auch von “Kick-Back”-Zahlungen an Entscheider war in der Eingabe die Rede. “Ein Anfangsverdacht hat sich nicht bejaht”, sagt eine Sprecherin der WKStA zur ZackZack-Nachfrage, Ermittlungen gab es also keine. Gerichtlich aufgehoben wurde der Zuschlag an die Amerikaner am Ende dann deshalb, weil die verbliebene OVG Bristol ohne ihre Partner tatsächlich keinen rechtmäßigen Bieter darstellte.
Im Lichte der neuen, brisanten US-Vorwürfe gegen Leiweke hat sich der damalige Anzeiger nun offenbar erneut an die WKStA gewandt. Eine Eingabe per Hinweisgebersystem BKMS vom 28. Juli wurde ZackZack zugespielt. “Unsere US-Partner haben uns darauf hingewiesen, dass in den Ermittlungen des DOJ im Zusammenhang mit illegalen Absprachen und Geldflüssen“ Namen von Schlüsselpersonen aus Wien Holding und eines Wiener Lobbyisten genannt werden würden, heißt es in der anonymen Mitteilung. Die Anzeige werde “aktuell geprüft”, heißt es dazu seitens der Staatsanwaltschaft.
Wien Holding: “Vorwürfe werden aufs Schärfste zurückgewiesen”
ZackZack bat Wien Holding-Chef Gollowitzer und Minister Hanke um Stellungnahmen zu den erwähnten Inhalten beider Sachverhaltsdarstellungen. Eine Sprecherin Hankes lässt ausrichten: “Minister Hanke war in seiner früheren Funktion als Wiener Wirtschaftsstadtrat nur Gesellschafter und als solcher zu keiner Zeit ins operative Geschäft eingebunden.” Auf mögliche Treffen in New York gibt es keine Antwort.
Ein Sprecher der Wien Holding teilt mit, die Inhalte der Sachverhaltsdarstellungen “aufs Schärfste zurückzuweisen.” Gollowitzer sei “nie am „Vienna Opera Ball NY“ gewesen. Zur Erzählung eines separaten Datenraumes heißt es: “Das Vergabeverfahren wird entsprechend der Vorgaben des Bundesvergabegesetzes 2018 geführt. Im Sinne der Bietergleichbehandlung und Transparenz hatten alle Bieter immer die gleiche Ausgangs- und Kalkulationsgrundlagen. Dementsprechend haben alle Bieter stets über dieselben Informationen verfügt.” Der Sprecher bestreitet zudem, dass “eine Briefkastenfirma aus Großbritannien” den Zuschlag bekam.
Öffentlich äußerte sich Gollowitzer zur WH-Arena zuletzt dahingehend, dass das Angebot von CTS qualitativ schon immer das Bessere gewesen sei. Bei OVG seien die Kosten für die Stadt aber unschlagbar niedrig gewesen – dem Vernehmen nach im zweistelligen Millionenbereich. Das OVG-Projekt war jedoch viel kleiner dimensioniert. Aktuell rechnet man mit einem Beitrag der Stadt von maximal 153 Millionen.
Titelbild: Herbert Pfarrhofer / APA / Gabriel Bouys / AFP
