Europa bereitet sich auf den falschen Kampf vor. Damit gewinnt China – und verliert dann gemeinsam mit uns allen.
Zum zweiten Mal in achtzig Jahren rüstet sich Europa für den Krieg gegen Russland. Wie damals am Beginn des Kalten Kriegs war man überzeugt, dass eine militärische Aggression aus Russland bevorstand. Von Polen bis zur Tschechoslowakei hatten kommunistische Parteien und russische Panzer einen Staat nach dem anderen unter ihre Kontrolle gebracht.
Doch schon Jugoslawien zeigte, dass der kombinierte Angriff von Komintern und Warschauer Pakt nicht reichte, das abgefallene Tito-Jugoslawien zurück in den Block zu zwingen.
Nur wenige waren damals bereit, einen einfachen Schluss zu ziehen: Die Sowjetunion kann, will und wird nicht die Staaten des Westens und damit die NATO angreifen. Aber sie wird die Satelliten, zu denen sie die osteuropäischen Staaten gemacht hat, mit allen Mitteln besetzt halten.
Dinosaurier
Damals ging ich gegen das sinnlose Wettrüsten mit vielen anderen auf die Straßen. Die einen hielten uns für die nützlichen Idioten der Kommunisten, und wenn man uns politisch reden hörte, war das manchmal nicht ganz von der Hand zu weisen. Nicht wenige in der Friedensbewegung verklärten den „Friedenswillen“ der stalinistischen Diktatur.
Aber im Grunde hatten wir recht: Die massive militärische Aufrüstung der 70er Jahre war eine gewaltige Verschwendung und ein durchschlagender Erfolg dessen, was schon Eisenhower als US-Präsident den „militärisch-industriellen Komplex“ genannt hatte.
Wir stellten der Politik eine einfache Frage: „Warum sind die Dinosaurier ausgestorben?“ Die Antwort war einfach: „Zu viel Panzer – zu wenig Hirn!“
Die größte Bedrohung
Ist es heute wieder soweit? Oder ist die russische Gefahr diesmal wirklich unsere größte Bedrohung?
Darauf gibt es zwei Antworten:
- Nichts deutet darauf hin, dass Putin einen militärischen Angriff auf Staaten der EU und der NATO vorbereitet. Das hat einen einfachen Grund: Er ist nicht völlig übergeschnappt. Ein Militär, das nicht einmal die Ukraine besiegen kann, hätte westlich davon nicht die geringste Chance. Auch wenn es British Aerospace, Rheinmetall, Airbus, Thales, Thyssen und Leonardo nicht passt: Ein russischer Angriff auf EU und NATO wäre militärisch verrückt. Zumindest das unterstellt Putin niemand.
- Uns bedroht etwas viel Gefährlicheres als Putin und Hamas zusammen: die Klimakatastrophe, die längst begonnen hat. Das arktische Eis, die weltweiten Korallen, die Gletscher in Mitteleuropa – das ist erledigt. Ihr Ende steht fest. Die kilometerdicken Eisplatten über Grönland und der Westantarktis – das kommt demnächst. Zuerst wird der Meeresspiegel um ein paar Meter ansteigen, dann wahrscheinlich um ein Vielfaches. Hamburg, Amsterdam, Barcelona, Marseille, Neapel, Venedig, Athen – das war es.
Wenn dann der Golfstrom abreißt, sind nicht nur Irland und Norddeutschland dran.
Zu wenig Hirn
Das sind nicht mögliche Gefahren, sondern fast sichere und immer besser berechenbare Katastrophen. Ihre Vorboten sind nicht ein paar Drohungen und ein paar Drohnen, sondern verheerende Stürme und Überschwemmungen, kippende Seen und Meere und Sommer, auf die wir uns nicht mehr freuen können.
Eine Politik, die die auf Panzer statt auf Klimaschutz setzt, hat zu wenig Hirn. Aber ihr fehlt noch mehr: Verantwortungsbewusstsein und Unabhängigkeit. Die deutsche Politik lässt sich von einer aussterbenden Altautoindustrie in der Vergangenheit festnageln; von Frankreich bis Großbritannien setzen konzerngelenkte Politiker auf Aufrüstung; und fast alle machen mit, die einen wie Deutschland im Gefühl neuer Großmacht, die anderen wie Österreich auch beim Aufrüsten als korruptionsanfällige Lachnummer.
Verbrechen und Schwachsinn
„Europe needs tactical nukes to counter Putin, says Airbus chief“ – Europa braucht taktische Atomwaffen gegen Putin. So berichtete Politico am 19. November 2025 über einen öffentlichen Vorstoß von René Obermann, dem Chef von Airbus, bei der Berliner Sicherheitskonferenz. Aber auch das ist nicht das Schlimmste.
In den USA zeigt eine Regierung, die zwischen Verbrechen und Schwachsinn pendelt, dass man noch mit Niedergang und Krisen schnelle Geschäfte im engsten Kreis machen kann.
Wie Hitler und Stalin über Polen machen sich derzeit Putin und Trump über die Ukraine her. Trump will noch ein Geschäft, und Putin bietet es ihm. Gaza ist aus Trump-Sicht bereits ein Immobilienprojekt, aus dem israelische Truppen störende Bevölkerung entfernen. Von Washington bis Moskau und von Budapest bis Ankara und Jerusalem regiert eine neue Art von Politikern, die Kriege führen, damit sie in jedem Geschäft bleiben.
Europa versucht wackelig kleine eigene Wege. Das ist besser als nichts. Aber zu wenig.
China gewinnt und verliert
So gelangt China an die Spitze, mit einem russischen Satelliten, einem schwachen Europa und einem verwüsteten Amerika. China gewinnt gerade den Solarwettlauf und bereitet sich darauf vor, von Suchmaschinen bis KI das Kommando zu übernehmen. Die besseren Autos und Kampfflugzeuge baut China längst.
Make China great again – das wird auch Hongkong und Shanghai nichts nützen. Sie stehen zu nahe am Meer. Wenn sich Milliarden Menschen erstmals auch auf der Nordhalbkugel auf Völkerwanderung begeben, weil ihnen das Wasser weit über dem Hals steht, wird die Regierung in Peking genauso überfordert sein wie die in Brüssel oder Washington. Am Ende verlieren wir alle, auch, weil China nach wie vor gemeinsam mit Indien und den USA globalen Klimaschutz blockiert.
Das Schlimmste
Einige werden jetzt wieder posten, dass ihr Wetter immer schon so war. Dem halte ich entgegen, dass nicht das Wetter, sondern Menschen sind, wie sie immer schon so waren. Es gibt zu viele, die nur wollen, dass alles so bleibt, wie es ist.
Es wird sich alles verändern, radikal. Die, die sich darauf vorbereiten, werden bessere Chancen haben. Die, die das nicht sehen wollen, werden draufzahlen, persönlich, mit einem Preis, der auch für sie viel zu hoch sein wird.
Nur die, die sogar aus militärischen und klimatischen Katastrophen Geschäfte machen, werden versuchen, sich in Sicherheit zu bringen.
Wir sollten alles tun, damit es ihnen nicht gelingt. Und wir das Schlimmste verhindern.
