Samstag, Dezember 6, 2025

Mamdani gewinnt New York: der amerikanische Ludwig

Mit Zohran Mamdani bekommt New York einen Bürgermeister, den Wien schon längst hat.

Vorgestern haben Millionen Wählerinnen und Wähler in New York Geschichte geschrieben. Bis zum 5. November 2025 wirkten die USA überwältigt, von einer Welle, die alles, was als unzerstörbarer Pfeiler der Demokratie galt, unterspülte und Stück für Stück wegriss.

Gestern ist die Trump-Welle zum ersten Mal gebrochen. Das ist eine gute Nachricht. Die bessere Nachricht ist: Mit Zohran Mamdani hat ein Sozialdemokrat nach Wiener Art statt der gescheiterten Wall Street-Demokraten gewonnen.

Wiener Mehrheit am Hudson

Worum ist es in New York gegangen? Mit Mamdani hat die Mehrheit vor allem leistbares Wohnen gewählt. Aber das erklärt nicht, warum er von den neuen schicken Gegenden in Brooklyn bis zu den Arbeiterquartieren in Queens über viele Grenzen hinweg gewonnen hat.

Vielleicht liegt es daran, dass New York das Wien der Ostküste und Mamdani einfach der jüngere und sportlichere Michael Ludwig ist, in dreifacher Hinsicht:

1. In New York leben wie in Wien überwiegend Menschen, die sich das Leben immer weniger leisten können. In New York sehen sie noch deutlicher als in Wien, wohin ihr Geld geht: nach oben, dort, wo die Trumps und die Musks immer schamloser abkassieren. Sie wollen ihr Geld zurück, bei den Einkommen, den Pensionen und den Preisen.

2. New York ist wie Wien eine bunte Kulturstadt. Aufstrebende Jungwähler, angekommene Einwanderer und traditionelle demokratische Angestelltenfamilien bilden eine neue Mehrheit, die sich nicht mehr von den alteingesessenen Patrizierfamilien und ihren neureichen Freunden dirigieren lassen.

3. New York will nicht Texas werden, so wie Wien nicht Niederösterreich werden will. Die große, offene Stadt ist jetzt auch politisch das Gegenmodell zur engstirnigen, verhärteten Provinz.

Sicher, es gibt ein paar Unterschiede. Michael Ludwig hat es von Floridsdorf zum Rathaus nicht so weit gehabt wie Zohran Mamdani von Uganda nach New York. Was Palästina und Israel betrifft, trennt beide viel. Aber der Kern ist von Mieten bis Schulen und von Kultur bis Finanzen sozialdemokratisch.

Linksextrem am Teleprompter

Bis zum Schluss haben die Medien seiner Gegner versucht, Mamdami als „linksextrem“ in die Unwählbarkeit zu schreiben. Am Tag nach seinem Wahlsieg sind fast alle geschwenkt. Der Superböse ist jetzt Superstar. Nur in der ZiB 1 blickt die Moderatorin todernst in die Kamera und liest „extrem linker Kandidat“ vom Teleprompter.

In New York hat gerade Geschichte begonnen. Ein Sozialdemokrat und kein Clinton-Biden-Klon ist der erste große Herausforderer des Commander in Thief. Die größte Demokratie der Welt ist noch längst nicht verloren. Das ist eine gute Nachricht.


Titelbild: ANGELA WEISS / AFP/Canva/ZackZack

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