Freitag, Dezember 19, 2025

Paukenschlag im Pilnacek-Prozess: Nehammer intervenierte bei ORF und Krone

Das Finale im Pilnacek-Buch-Verbotsprozess bringt hochbrisante Neuigkeiten: Krone-Journalist Erich Vogl sagte über politische Interventionen im Zuge der Recherchen aus. Konkret soll Bundeskanzler Karl Nehammer versucht haben, das Erscheinen von Pilnacek-Berichten zu verhindern.

Der siebente und wohl letzte Prozesstag rund um das von Spitzenpolizisten angestrengte Buchverbot von „Pilnacek – Der Tod des Sektionschefs“ zog erneut zahlreiche Zuschauer an. Bis auf den letzten Platz war der Verhandlungssaal 303 des Landesgerichts Wien gefüllt, als der erste Zeuge des Tages – Krone-Investigativjournalist Erich Vogl – am Donnerstagvormittag vor Richter Daniel Potmesil Platz nahm.

Vogls Aussagen bargen politischen Sprengstoff: Erstmals kamen direkte Interventionen von Politikern der ÖVP zur Sprache. Konkret soll niemand Geringerer als der damalige Bundeskanzler Karl Nehammer sowohl bei der Krone als auch beim ORF interveniert haben, um Berichte zum sogenannten „Pilnacek-Tape“ zu verhindern. Die Interventionen blieben jedoch erfolglos.

Vogl: ÖVP-Interventionen

Die Einvernahme des Krone-Journalisten schaukelte sich im Laufe des Vormittags zunehmend hoch. Vogl berichtete, dass er bereits vor dem Tod von Christian Pilnacek von jener Audioaufnahme gehört habe, die später unter dem Namen „Pilnacek-Tape“ für Schlagzeilen sorgte. In der Aufnahme aus dem Innenstadtlokal Cavalluccio wurden Aussagen Pilnaceks dokumentiert, in denen dieser von zahlreichen versuchten Interventionen sprach – allen voran durch die ÖVP. Die Tonaufnahme wurde Vogl zugespielt.

Relativ rasch fragte Richter Potmesil nach möglichen Interventionen politischer Akteure. Vogl erklärte: „Das passiert immer wieder bei heiklen Geschichten. Nicht bei mir direkt – ich bin nur ein normaler Redakteur. So etwas passiert ganz oben.“

Potmesil fragte erst zur Berichterstattung über das „Pilnacek-Tape“, die im November 2023 in der Krone und im ORF erschien. Vogl bestätigte auf mehrfache Nachfrage, dass Krone-Herausgeber Christoph Dichand persönlich vom damaligen Bundeskanzler Karl Nehammer kontaktiert wurde, um die Veröffentlichung zu verhindern. Der Versuch blieb erfolglos. Auch beim ORF sei nach Vogls Informationen erfolglos interveniert worden.

Karl Nehammer wollte Laptop-Berichterstattung verhindern

In den Wochen und Monaten nach Pilnaceks Tod führte Vogl Hintergrundgespräche mit der damaligen Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. sowie mit Karin Wurm; die Recherchen schritten voran. Einige Zeit später wurde ihm der berüchtigte Pilnacek-Laptop zugespielt. Nach einigen Wochen übergab er diesen an den Leiter der Pilnacek-Untersuchungskommission, Martin Kreutner. „Ich dachte, dort ist er bestens aufgehoben“, kommentierte der Journalist. Die Kommission war von der Justizministerin eingesetzt worden, der Laptop wurde in weiterer Folge an die WKStA weitergeleitet.

Brisant: Auch bei der geplanten Berichterstattung rund um den Laptop kam es laut Vogl im Frühjahr 2024 erneut zu ÖVP-Interventionen beim Führungspersonal der Krone. ZackZack-Herausgeber Peter Pilz fragte nach: „Auch beim Pilnacek-Laptop fanden Interventionen statt?“ Vogl zunächst: „Ja, über drei Ecken.“ Richter Potmesil hakte nach: „Aber haben Sie das nicht direkt gehört?“

Auf Drängen des Vorsitzenden wurde Vogl schließlich konkret: „Es war eigentlich nur eine Ecke. Hausintern wussten zunächst nur drei Personen vom Laptop: Dichand, Nowak (Anm.: Rainer Nowak, damaliger Superressortleiter) und ich. Irgendwie hat es aber auch eine Kollegin mitbekommen, die Kontakte zur ÖVP hatte und diese informierte. Anschließend rief die ÖVP bei Nowak an.“ Pilz fragte weiter: „War das ein Mitglied der Bundesregierung?“
Daraufhin nannte Vogl – erneut auf mehrmalige Nachfragen – den Namen Karl Nehammer. Auch diese Intervention blieb bei der Krone erfolglos.

Prozess läuft

Nach Vogl wurde die frühere Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. als Zeugin geladen. Ihre Einvernahme dauerte bis zum Mittag an. Für den Nachmittag sind die Schlussplädoyers geplant. ZackZack wird berichten.

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31 Kommentare

  1. War leider zu erwarten dieses Urteil. Der Umstand dass die breite Öffentlichkeit nur mehr endend wollend an dieser Causa interessiert war, erleichterte es den Verantwortlichen diesen Fall so enden zu lassen. Das einzig Positive daran ist dass inzwischen schon tausende Exemplare der Pilzbücher im Umlauf sind und mit Sicherheit weiterhin Fragen gestellt werden. Würd mich interessieren wie viele Österreicher hier ernsthaft einen Suizid für möglich halten. Eine adäquate Umfrage über vorherige flächendeckende Transparenzmachung von Umständen und Fakten würde es ans Licht bringen.

  2. https://www.krone.at/3991136

    Chats enhüllen…

    Bei den Postern meint Jemand, dass er sich nicht vorstellen kann, dass der Herr Sektionschef keine Pistole zu seinem Schutz hatte und wenn dieser wirklich Selbstmord hätte begehen wollen, dann immer diesen Tod gewählt hätte?

    Eine ganz neue und auch nicht unplausible These, bin zumindest ich der Meinung?

    Aber hätte ich sein Handy auch nie mit solch schlagenden Überlebens- und Schutzbeweisen vernichtet (Den Schutz kann man ja schon lange ganz deutlich sehen?) sonder mir mehrfachfach kopiert aufbehalten. Aber natürlich ist die Bunsenbrennergeschichte wahrlich gut ins Rennen gebracht worden?

    • Ich glaube wir haben es hier nicht mit Amateuren, wie man immer wieder durchblicken lässt zu tun, (Auch dieses Spiel gehört natürlich zum Drehbuch) sondern mit abgezockten und von langer Hand planenden Profis, auch noch mit Polizei und Geheimdienstschutz im Hintergrund – Medienschutz sowie so…. – aber ganz ganz wichtig: Auch Bundespräsidentenschutz

  3. harvey g@ schreibt im Standard folgenden, interessanten Beitrag! Wurde das schon berücksichtigt?

    “Auf der Smartwatch sollen barometrische Höhendaten gespeichert sein, die wären interessant
    GPS-Daten gibt es angeblich keine, aber laut diversen Medienberichten sind die Höhendaten vorhanden, hunderte Datenpunkte mit Zeitstempel.

    Die Höhendaten sind bei vielen Geräten sehr genau, teilweise kann man die Seehöhe damit auf 30cm genau feststellen. Also sogar in welchem Stockwerk eines Gebäudes man sich befindet.

    Mit diesen Höhendaten könnte man die Bewegungen von Pilnacek möglicherweise nachvollziehen. Wann er bergab zur Donau ging. Ob er möglicherweise bergauf zu einem anderen Haus in Rossatz ging. Vielleicht auch in ein höheres Stockwerk.

    Die Daten könnten sich auch mit Höhenprofilen von Spazierwegen ablgleichen lassen.

    Barometrische Daten kann man auch nachträglich mit den Daten der nahen Geosphere-Wetterstation kalibrieren.”

  4. Hut ab vor Erich Vogl!

    Zum ersten Mal hat nun Jemand sich getraut öffentlich zu machen, was sonst nur unter vorgehaltener Hand und anhand von nicht anders erklärbaren Beispielen schon lange in diesem Land ablaufen muss?
    Für mich ist damit schon vor dem U- Ausschuss glasklar bewiesen, was hier für eine poltische Verantwortung vorliegt

    Jetzt aber müssen hier sichtbare und sofortige Konsequenzen folgen, wenn der Staat nicht endgültig das Vertrauen verlieren will?

  5. Bei dieser ÖVP überrascht mich gar nichts mehr.

    Beschämend ist jedoch, wie die nö. Beamten-Famiglia mit diesem Kriminalfall umgegangen ist!

    Da ist augenscheinlich eine Horde von devoten Parteigünstlingen am Werk. Sonst wäre es nicht möglich, dass alle Beteiligten – von Polizei, über Staatsanwaltschaft bis zum Innenministerium – bereits wenige Stunden nach dem Ableben von Pilnacek öffentlich und “völlig überzeugt” von Selbstmord sprachen. Obwohl noch keine Obduktion veranlasst wurde und die Todesursache überhaupt nicht feststand!
    Sogar der Wichtigtuer Kurz posaunte die Selbstmordthese wenige Stunden nach dem Ableben Pilnacek hinaus. Die Pilnacek-Witwe und Gerichtspräsidentin(!) entsorgte derweil Beweismittel.

    Allein der gewissenhaften Amtsärztin ist es zu verdanken, dass dieser konzertierte Amtsmissbrauch nicht unter den schwarzen Teppich gekehrt wurde.

    Übler Korruptionsgestank bereitet sich aus.