Bei einem von Merz und Macron initiierten KI-Gipfel saß mit Laura Rudas eine alte Bekannte aus der österreichischen Politik am runden Tisch. Rudas ist seit Jahren leitende Mitarbeiterin des umstrittenen Big-Data-Konzerns Palantir.
Eine rasante Parteikarriere in jungen Jahren, ein abrupter Ausstieg und ein Wechsel ins privatwirtschaftliche Umfeld von Peter Thiel, Big Data und Überwachungssoftwares – die Rede ist nicht von Sebastian Kurz, sondern von der früheren SPÖ-Politikerin Laura Rudas.
Die studierte Politikwissenschafterin wurde mit 27 Jahren SPÖ-Generalsekretärin und war fortan auffällige Stimme der Ära Faymann, ehe sie 2014 der Politik den Rücken kehrte, in die USA ging und beim umstrittenen Tech-Konzern Palantir im Silicon Valley andockte. Im Gegensatz zu Kurz war von Rudas seit ihrem Ausscheiden aus der Politik wenig zu hören. In zwei aktuellen Recherchen deutscher und Schweizer Medien taucht die Österreicherin allerdings in einer bemerkenswerten Rolle auf.
Irritationen über Rudas-Teilnahme an Merz-Gipfel
Am 18. November luden Friedrich Merz und Emmanuel Macron zum „Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität“ in Berlin, um deutsch-französische Unternehmen der Digitalwirtschaft zu vernetzen und Kooperationen zu schmieden. Auf Videoaufnahmen des Round Tables entdeckte die Plattform Zentrum für Digitalrechte und Demokratie unter den Teilnehmern eine gewisse Laura Rudas und stellte kritisch die Frage: „Warum saß Palantir beim Digitalgipfel am Tisch mit Merz und Macron?“ Andere Medien zogen nach.
Digitale Grundrechtsaktivisten stoßen sich daran, dass ausgerechnet die Mitarbeiterin eines Unternehmens, das eng mit US-Behörden verbunden ist, am Gipfel für europäische Datensouveränität teilnahm. Palantir ist berüchtigt dafür, riesige Datenmengen aufzubereiten und damit staatliche Überwachungsmöglichkeiten voranzutreiben. Zur Anwendung kommen Produkte des von Peter Thiel mitgegründeten Unternehmens etwa bei der Einwanderungsbehörde ICE, US-Polizeieinheiten oder dem israelischen Militär.
Als hochrangige Mitarbeiterin im Bereich „Business Development“ taucht Rudas immer wieder dann auf, wenn es um Einsatzmöglichkeiten in Europa geht. Die Polizei Hessen nutzt seit 2017 eine Palantir-Software, deren Beschaffungsvorgang umstritten war und sogar zu einem Untersuchungsausschuss führte, in dem auch Rudas als Projektbeteiligte aussagen musste. Für die CDU hat sich Palantir offenbar bewährt: Der aus Hessen stammende aktuelle Digitalminister Wildberger zeigte sich, befragt beim jüngsten November-Gipfel, ausdrücklich offen für weitere Produkte des US-Unternehmens, während SPD-Justizministerin Hubig (immerhin aus derselben früheren Parteifamilie wie Rudas) Palantir stets kritisch beurteilte.


Die Plattform Zentrum für Digitalrechte und Demokratie fragte wegen Rudas’ Teilnahme im deutschen Kanzleramt nach; dort habe man verneint, bewusst mit einer Palantir-Mitarbeiterin diskutiert zu haben. Tatsächlich war die Ex-Politikerin offiziell als Vertreterin der „EU AI Champions“ geladen, einer neu geschaffenen KI-Initiative, die wiederum von einem weiteren Österreicher geleitet wird – Niko Pelinka, einst SPÖ-Netzwerker und Rudas-Vertrauter.
Schweizer lehnten Palantir ab
Während das Lobbying in Deutschland offensichtlich fruchtete, stieß Palantir im Nachbarland Schweiz letztlich auf Ablehnung, wie eine aktuelle Recherche des Magazins Republik am Dienstag zeigte. Das Medium beruft sich dabei unter anderem auf geschäftsanbahnende Treffen mit Laura Rudas und spricht daneben von „hartnäckigem“ Umwerben der eidgenössischen Regierung – vor allem während der Corona-Pandemie, aber auch noch in einem militärischen Kontext im Jahr 2024.
Laut einem internen Bericht der Schweizer Armee, in dem Angebote geprüft wurden, sei man von den Produkten zwar „beeindruckt“ gewesen, man habe aber eine US-Abhängigkeit und das Risiko, dass Daten in die Hände amerikanischer Geheimdienste gelangen könnten, kritisch gesehen – und letztlich abgewinkt.
Kontakt nach Österreich?
Bleibt der Blick nach Österreich. Hier war 2023 über einen Bericht des Standard bekannt geworden, dass das Bundesheer zeitweise ein Palantir-Testprodukt „offline“ verwendete. Ob oder inwiefern dabei Laura Rudas involviert gewesen sein könnte, ist nicht bekannt.
ZackZack hat der Ex-Politikerin dies als Teil einiger Fragen per LinkedIn übermittelt, eine Antwort steht bislang aus. Zu einer möglichen, nach wie vor bestehenden Parteimitgliedschaft von Rudas heißt es von der SPÖ-Bundespressedienststelle: „Wir geben aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Mitgliedsdaten oder Informationen zu Mitgliedschaften/Nicht-Mitgliedschaften an Dritte weiter.“ Gefragt nach allfälligen Kontakten – etwa einer möglichen, beratenden Funktion für Partei oder Amtsträger seit 2014 – teilt eine Sprecherin mit: „Ich kann für die Bundes-SPÖ sprechen: Bei uns hat Frau Rudas keine Funktion.“
Titelbild: Montage, Von Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=164753567, Von SPÖ Presse und Kommunikation – “Initiative für Bundeskanzler Werner Faymann” lädt zu “Wir reden über morgen” mit Nobelpreisträger Eric Kandel, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30474141
