Fortsetzung im Prozess um das Pilnacek-Buch: Chefinspektor Hannes Fellner sagte Bemerkenswertes zur Smartwatch aus und ging “von Anfang an” von Suizid aus. Fotos von Leichnam und Tatort habe er aber erst später gesehen.
Auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Tod von Christian Pilnacek kam es am Montag zur Fortsetzung im Buch-Verbotsprozess am Wiener Landesgericht. Im vollen Gerichtssaal warteten ab 9:30 Uhr alle gespannt auf den wichtigen Zeugen, der beim letzten Mal krankheitsbedingt fehlte: Chefinspektor Hannes Fellner – ehemals leitender Mordermittler in Niederösterreich, seit letztem Jahr BMI-Beamter im Nahbereich von Bundespolizeidirektor Michael Takacs, einem der vier Kläger gegen das Pilnacek-Buch.
“Bin von Anfang an von Selbstmord ausgegangen”
Richter Daniel Potmesil fragte eingangs zu Personalien und Werdegang, dabei kam auch eine mögliche Parteinähe Fellners ins Spiel. Dieser sagte aus, er habe erst letztes Jahr bemerkt, dass er als Mitglied der “Kameradschaft der Exekutive Österreichs” (KdEÖ) gleichzeitig Mitglied des ÖAAB und damit einer Teilorganisation der ÖVP war. Das habe er beendet.
Dann schilderte Fellner seine Wahrnehmungen zum Todestag. Das LKA Niederösterreich habe die Ermittlungen am Vormittag an sich gezogen, gegen 12 Uhr sei er persönlich auf der Polizeiinspektion Mautern angekommen, wo er mit der Einsatzleiterin vom Tatort (sie ist ebenfalls Buch-Klägerin) den ersten Bericht an die Staatsanwaltschaft abschloss und unterschrieb. Bemerkenswert: Keine der 20 Verletzungen Pilnaceks wurde darin erwähnt, gleichzeitig war aber auch der Suizid darin kein Thema.
Dieser sei für Fellner aber sofort klar gewesen: “Ich bin von Anfang an von Selbstmord ausgegangen. Und ich bin davon noch immer überzeugt.” Potmesil hakte nach: “Warum nicht zum Beispiel ein Unfall?” Fellner begründete das mit einer Zigarettenpackung und Schuhspuren, die am Ufer gefunden wurden. Einen Unfall wegen eines Sturzgeschehens in Betracht zu ziehen sei “auch ok”, so der Beamte. Er gehe bei Pilnacek dennoch von einem “typischen Verhalten” für Suizid aus.

ZackZack-Herausgeber Pilz brachte bei seiner Befragung dann Schuhspuren ins Spiel, die von der Tatortgruppe dokumentiert, aber nicht namentlich Christian Pilnacek zugeordnet wurden. Fellner blieb dabei: In der “Gesamtschau” seien nur Pilnaceks Schuhspuren gefunden worden.
Fragen bleiben auch bei anderen Fotos offen: Der Chefinspektor, der schon zu Mittag von Selbstmord ausging, bestätigt auf Nachfragen, Bilder der Leiche und des Tatorts frühestens am Abend desselben Tages bei einer Dienstbesprechung zu Gesicht bekommen zu haben.
“Spannende Rolle” der Smartwatch
Spannend wurde es bei den neuen Entwicklungen rund um die Smartwatch. Hier konnte ein IT-Experte im Auftrag der WKStA bekanntlich die Existenz wichtiger Gesundheits- und Geodaten bestätigen. Die niederösterreichischen Ermittler hatten dagegen die Watch zwar auswerten lassen, aber “keine für das gegenständliche Ermittlungsverfahren relevanten Daten” gefunden, wie es Fellner selbst in seinem Abschlussbericht im Jänner 2024 formulierte.
Überhaupt bleibt das Vorgehen rund um die Smartwatch voller Ungereimtheiten. Während das Handy umgehend am selben Tag an die Witwe übergeben wurde, entschied man sich bei der Watch für eine Auswertung. Passiert sei das, als Fellner nach “vier bis sechs” Wochen die Uhr schließlich vorgelegt bekam. Der Grund für den Sinneswandel: “Wir haben kurz davor eine Amtshandlung durchgeführt, bei der eine Smartwatch eine spannende Rolle spielte. Da haben wir die Idee gehabt, ob man bei der Smartwatch den Todeszeitpunkt feststellen kann.”
Das ist insofern bemerkenswert, als am Todestag selbst der Todeszeitpunkt für Fellner offenbar keine Rolle spielte. Pilz fragte vor Gericht dezidiert nach: “Warum ist es wichtig, einen exakten Todeszeitpunkt festzustellen?” Fellners Antwort: Das sei “nicht wichtig” gewesen.
Zu weiteren Nachfragen zum brisanten IT-Bericht der WKStA gab sich Fellner wortkarg, er kenne den Bericht nicht. “Wissen Sie etwas über einen möglichen Zugriff auf die Sicherungskopie der Smartwatch?”, fragte Pilz. Fellner verneinte. Wie ZackZack berichtete, tauchte auf der Kopie, welche das LKA Niederösterreich nach anfänglicher Weigerung der WKStA übergab, eine ominöse, temporäre Datei mit dem Titel „Report Gelöschte Daten“ auf, welche möglicherweise versehentlich auf dem Datenträger mitgeliefert wurde.
Intensive Prozesstage
Neben Fellners Aussage werden in den kommenden Tagen weitere spannende Auskunftspersonen bei Gericht aussagen. Am Dienstag ist unter anderem Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. geladen, am Donnerstag soll Gemeindeärztin Dagmar W. erscheinen. Und noch ein weiterer, entscheidender Zeuge könnte beantragt werden: Michael Tsokos, renommierter Berliner Gerichtsmediziner, der die Suizid- und Unfalltheorie prominent anzweifelt.
