Samstag, Dezember 6, 2025

Verfassungsjurist Mayer zu Wöginger: „Das ist unerträglich!“

Die „Wöginger-Anregung“ an die Generalprokuratur hat mit dem Opfer Christa Scharf und den Universitätsprofessoren Heinz Mayer und Hannes Werthner erste prominente Unterstützer. Mayer erklärt, warum der Fall “Wöginger” so wichtig ist.

Die Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof erhält derzeit besonders viel Post. Immer mehr Menschen unterschreiben die „Anregung“ gegen die Wöginger-Diversion, für die ZackZack ein Formular aufgelegt hat.

Christa Scharf ist Wögingers Opfer in der Finanzamts-Affäre. Sie war mit Abstand am besten qualifiziert, aber ihr fehlte das Wichtigste: das ÖVP-Parteibuch.

Neben ihr haben der Informatik-Universitätsprofessor Hannes Werthner und sein Universitäts-Kollege, der Verfassungsjurist Heinz Mayer, die Anregung als Erste unterzeichnet.

“Das halte ich für schändlich.”

Peter Pilz hat für ZackZack mit Heinz Mayer gesprochen.

ZackZack: Warum haben Sie die Anregung an die Generalprokuratur mit dem Ziel einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Wöginger-Diversion unterschrieben?

Heinz Mayer: Vor kurzem habe ich einen Freund getroffen, der sich erfolglos für die Stelle eines Primars in einem Bundesland beworben hat. Er hat gemeint, “das ist eh alles Parteibuchwirtschaft, da hat man keine Chance”.

Wenn die Menschen einmal sagen, es ist eh alles sinnlos, man kann nichts dagegen tun, dann hat neben den einzelnen Bewerbern der gesamte Rechtsstaat verloren.

ZackZack: Aber ist es bereits so schlimm?

Heinz Mayer: In den letzten Jahren hat die Parteibuchwirtschaft ein Ausmaß angenommen, das alles Bisherige übertrifft. Rund ein Drittel der Sektionschefs der letzten Jahre kommt aus Ministerkabinetten. Sie sind jetzt die Spitzen der Verwaltung, dort, wo eigentlich Objektivität geboten wäre. Was heißt das für Mitarbeiter? Die können nie ganz nach oben kommen, weil da sitzen längst die anderen.

ZackZack: Warum ist da der Fall „Wöginger“ so wichtig?

Heinz Mayer: Bisher konnte man die meisten Fälle nicht beweisen. Bei Wöginger geht das. Und dann verzichtet man ohne Notwendigkeit und mit einer dubiosen Begründung auf das öffentliche Verfahren. Das halte ich für schändlich. Nach dem Gesetz ist bei einer Entscheidung über die Diversion der Opferschutz besonders zu beachten. Im Fall Wöginger betreibt das Gericht Täterschutz statt Opferschutz.

ZackZack: Wie groß ist der Wöginger-Schaden?

Heinz Mayer: Das alles schädigt ja nicht nur die Bewerberin, sondern den Staat. Ein unfähiger Primararzt kann ebenso schaden wie ein unfähiger Leiter eines Finanzamts – und zahlen muss der Steuerzahler.

Die Verwaltung ist in den letzten Jahren nicht besser geworden, wie man nicht nur im Innenministerium sieht. Da gibt es Netzwerke, die sich gegenseitig schützen. Das alles ist unerträglich. Wir müssen dringend etwas tun.

ZackZack: Was müsste die Justizministerin jetzt tun?

Heinz Mayer: Bei der Wöginger-Diversion, die völlig im Gegensatz zur bisher strengen Praxis der Gerichte steht, müsst die Justizministerin der Oberstaatsanwaltschaft Wien die Weisung geben, Rechtsmittel einzulegen. Zumindest müsste sie der Generalprokuratur den Auftrag zur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes geben.

Wenn sie sich dem Rechtsstaat verpflichtet fühlt, wird sie das tun. Es gibt ja keinen Experten, der sagt, diese Diversion war in Ordnung.

ZackZack: Morgen jährt sich Tod von Christian Pilnacek zum zweiten Mal. Entscheidende Beweismittel wie die Smartwatch sind noch immer nicht sichergestellt, die Verfahren laufen nach wie vor unter der Kontrolle der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Was erwarten Sie hier von der Ministerin?

Heinz Mayer: Sie müsste das bisherige Verfahren prüfen und dann eine Entscheidung treffen. Tatsächlich ist von der Weitergabe des Beweismittels „Handy“ bis zur Verfälschung der Ergebnisse des Gutachtens Seltsames geschehen. Wenn die Ministerin zum Schluss kommt, dass die Oberstaatsanwaltschaft Wien hier nicht pflichtgemäß gehandelt hat, müsste sie ihr das Verfahren entziehen.

Unterschreiben, jetzt!

Das Dokument für die Wöginger-Anregung an die Generalprokuratur könnt ihr hier downloaden:

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