Wie christlich sind Kickl, Trump und Co. wirklich? Gar nicht. Sie fordern Dinge, bei denen sich echte Christen schaudernd abwenden müssten.
Die Medienkompetenz in Österreich soll jetzt geschult werden, allerdings nicht in den Zeitungsredaktionen. Die bringen in den letzten Tagen hunderte Dornauer-Artikel. Meine Medienkompetenz besteht darin, sie alle zu ignorieren, weil ein unbedeutender politischer Wurschtl keine Aufmerksamkeit braucht, die um ein Vielfaches größer ist als der Klimawandel. Und so habe ich mich lieber auf ein anderes Ärgernis eingelassen: Die Artikel über die Pseudo-Religiosität der Neuen Rechten.
Die letzten Wochen in den USA, aber auch die langweilige Kickl-Rede am Parteitag, die Jörg Haiders Ideen aus der ersten Hälfte der Neunzigerjahre wieder hervorgezaubert hat, gaben auch der Kirche Anlass, sich zu Wort zu melden. Der Standard berichtet über eine Stellungnahme des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Franz Lackner:
Bischöfe, Diözesen und Gemeinden würden sich seit 1952 zu einer “freien Kirche in einem freien Staat” bekennen, so der Bischofskonferenz-Vorsitzende. “So muss es uns umso mehr beunruhigen, dass in jüngerer Zeit – in der Welt, gerade aber auch in Österreich – die Religion erneut parteipolitisch vereinnahmt und instrumentalisiert wird.”
Doris Helmberger-Fleckl schreibt dazu in der FURCHE:
Derlei Stellungnahmen werden nicht die Wogen des globalen, christlich-nationalen Irrsinns brechen. Aber sie sind notwendig, um das Grundlegendste festzuhalten: dass Gotteskrieger oder „Volkskanzler“ nie Heilsbringer sind.
In vielen Artikeln fallen zwei problematische Formulierungsprobleme auf: Erstens, die Verwechslung der Begriffe katholisch und christlich. Zweitens das Auftauchen der Begriffe christlicher Nationalismus oder christlich-national. Ich bin kein Christ. Aber ich verstehe unter christlich doch etwas ganz Eindeutiges: Die Worte von Jesus Christus, die in den vier Evangelien festgehalten werden. Sie formulieren eine radikal humanistische Botschaft Christi, die die Gleichbehandlung aller Menschen zum obersten Gebot erhebt und auch feststellt, dass das Anhäufen von materiellem Reichtum der Einhaltung dieses Gebots entgegensteht. Das wird im sprichwörtlich gewordenen Vers Matthäus 19,24 klar: Nochmals sage ich euch: Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.
Dass also weder Donald Trump noch Herbert Kickl Christen sein können, liegt klar auf der Hand. Dietmar Neuwirth formuliert es in Die Presse so:
Politisch auch nur einigermaßen Hellen ist nicht verborgen geblieben, dass so manches, was da von der FPÖ kommt, in Stil (verächtliches, hässliches Herziehen über politische Mitanbieter und generell Andersdenkende) und Inhalt (die Forderung nach einer Festung Österreich/Europa ist das exakte Gegenteil dessen, was von Päpsten abwärts gepredigt wird) nur schwer mit dem Christentum vereinbar ist.
Auch das FPÖ-Wahlplakat Euer Wille geschehe!, also eine Veränderung jenes Gebets, dass Christus seine Jünger gelehrt hat, war ja bereits ein deutliches Zeichen dafür, was man von den Worten des synoptischen Jesus hält.
Wenn man also die Vereinnahmung entkräften will, hat man es inhaltlich leicht, aber schwer in der Öffentlichkeitsarbeit. Denn man muss wie alle, die die Widersprüche, Lügen und Propaganda der scheinreligiösen neuen Rechten analysieren, ständig widersprechen und richtigstellen. Noch ein Absatz aus Dietmar Neuwirths Artikel in Die Presse:
Dafür, zu hyperventilieren, besteht kein Anlass. Kirchenvertreter könnten es so sehen: Wenn sich der FPÖ-Chef als „gläubiger Christ“ definiert, sollten sie dem blauen Schäfchen öffentlich öfter und lauter auf die Sprünge helfen, falls sie einen Widerspruch zu christlichen Prinzipien sehen. Und Herbert Kickl könnte bei ausreichender Bibelkenntnis wieder aus dem Paulus-Brief zitieren: „Stückwerk ist unser Erkennen.“
Titelbild: Manon Véret
