Samstag, Dezember 6, 2025

Komplett zugedrohnt

Von den Drohnen in München droht Europa eine große Gefahr: dass ein technologisch und wirtschaftlich rückständiges Europa in Aufrüstung investiert und endgültig den Anschluss verliert.

Sie kommen aus dem Nichts. Plötzlich sind sie da und fliegen über Flugplätze, über die jeden Tag Hunderte Flugzeuge und Zehntausende Menschen fliegen und deren Bilder man sich ganz ohne Drohnen über Google Earth, Maps und sonstiges in weit besserer Auflösung aus dem Netz laden kann.

Niemand weiß genau, woher sie kommen und was ihr Ziel ist. Wenn der Alarm, den sie ausgelöst haben, fürs erste vorbei ist, hinterlassen sie vor allem eines: völlig zugedrohnte Politiker.

Lederhosen-Luftabwehr

Eines der Hauptopfer heißt Markus Söder. Der bayrische Ministerpräsident musste kurzzeitig seine Auftritte am Oktoberfest, wo er Lieder mit englischen Texten und deutschen Lederhosen singt, abbrechen, weil der erste Münchner Drohnenalarm begangen wurde.

Nicht einmal der Maß-volle Söder behauptete, dass die Drohnen aus Russland angeflogen waren, das hätte nämlich zum Eingeständnis einer gewissen Blindheit im Luftraum geführt. Fürs Erste reichte die Feststellung, dass sie aus dem Himmel, der um diese Jahreszeit in München besonders heiter ist, gefallen waren.

Drohnenabwehr

Weil niemand auch nur eine Frage zu den eingedrungenen Flugkörpern beantworten konnte und daher auch nicht die, wie die Drohnen unbemerkt die 2000 Kilometer von Moskau bis zum Münchner Flughafen geschafft hatten, ging es um eine schnelle Antwort. Die gab die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: totale Drohnenabwehr.

Die Zeit im Bild zeigte sofort, dass das Bundesheer bereits blendend vorgesorgt hatte: mit Maschinengewehren auf Autos, die mit Tarnfarben getarnt waren und von unten Drohnen den Garaus machen würden; mit Hubschraubern, die ebenfalls mit Maschinengewehren langsamere Drohnen aus der Luft holen würden; und natürlich mit Eurofightern, die bei Tag und Schönwetter, wenn Ersatzteile und Piloten da sind, jede Drohne mit Überschallgeschwindigkeit überholen können.

Bis jetzt hat noch niemand in der ÖVP das Ausbleiben des Drohnenalarms in Schwechat auf die Luftüberlegenheit unseres Bundesheeres zurückgeführt. Aber das kann sich stündlich ändern, ich tippe auf Plakolm oder Karner.

Beschaffungsfall

Auf die Frage, wer vom Drohnenalarm profitierte, kam niemand, so wie auch niemand diese Frage zu den Zwischenfällen mit russischen Kampfjets vor der baltischen Küste stellte.

Wer keine Fragen stellt, bekommt eine Antwort: Wir brauchen sofort Abwehrsysteme, und zwar alle. Der Preis darf keine Rolle spielen, weil es um unsere Sicherheit geht. Damit tritt der größte militärische Ernstfall, der in Österreich vorstellbar ist, ein: der Beschaffungsfall.

Egal, ob das jetzt Leonardo-Flugzeuge, die Eurofighter-Nachfolger, Sky Shield-Raketen oder Drohnenabwehrrohre sind, eines steht bei uns felsenfest: Das Ganze endet nicht in unserem Luftraum, sondern in Untersuchungsausschüssen des Parlaments.

Schon bei der laufenden Leonardo-Kampfjet-Beschaffung deutet alles auf eine große Schiebung hin. Wenn wir mit Pilnacek durch sind, wird das wahrscheinlich der nächste Fall – nicht nur für ZackZack.

Für Raiffeisen

Für die, die noch nicht zugedrohnt sind, bleibt eine Frage: Was sind die Folgen für Europa und Österreich, wenn statt in neue Industrien der Informations-, Energie- und Transportzukunft in Panzer, Raketen, Kampfflugzeuge und Drohnen investiert wird? Was passiert, wenn Europa noch weiter abgehängt wird? Was bringen uns europäische Waffensysteme, wenn wir nicht einmal europäische Suchmaschinen, Solarpanele und Zahlungssysteme schaffen?

Das sind Fragen, auf die derzeit in Wien, Berlin und München niemand ernsthafte Antworten sucht. Stattdessen wird alles, was Rheinmetall, EADS und Leonardo anbieten, gekauft. In Österreich steht dabei nur eines fest: Die Reichsten werden nicht mitzahlen. Die Regierung weiß vielleicht nicht immer, was sie tut, aber sie weiß genau, wem sie nichts tut.

Das ist auch für Raiffeisen eine gute Nachricht. Wenn demnächst Milliarden für das Stopfen des Russland-Lochs bereitgestellt werden müssen, wird niemand fragen, ob damit Putins Aufrüstung und der Ukraine-Krieg mitfinanziert wurden. Dann geht es nur um die Sicherheit einer ÖVP-Bank. Und die ist schließlich Teil unseres Luftraums.

p.s.: Ich habe noch nichts zur Teilnahme Israels am Song-Contest gesagt. Das heißt nicht, dass mich das ruhig schlafen lässt. Aber vielleicht ist es, so hoffe ich, ganz einfach: Wir machen es mit Netanjahu so wie mit Putin. Wenn eine Band kommt, die Netanjahu und damit den Massenmord in Gaza unterstützt, dann laden wir sie aus. Wenn aber eine ganz normale israelische Sängerin kommt, dann heißen wir sie willkommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie gegen Netanjahu und den Krieg ist, halte ich für hoch.

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