Samstag, Dezember 6, 2025

Artikel geteilt: Strache verklagt wieder Mindestpensionistin

Das Klagen von Pensionisten wegen des Teilens von Artikeln scheint beim ehemaligen Vizekanzler System zu haben. Nachdem im April eine Mindestpensionistin zu einer Entschädigungszahlung verurteilt wurde, verklagte Strache erneut Bezieher kleiner Pensionen.

Frau F. ist Bezieherin einer kleinen Pension. Rund 1.400 Euro bekommt sie pro Monat, gerade genug um ihren Alltag im burgenländischen Rechnitz zu bestreiten. Jetzt könnte Frau F. allerdings in finanzielle Probleme geraten. Der Grund: Eine Klage des ehemaligen FPÖ-Vizekanzlers Heinz-Christian Strache. Dieser geht rechtlich gegen Frau F. vor, weil sie einen Artikel des Fellner-Mediums oe24.at über Ehestreitigkeiten Straches auf ihrem Facebook-Profil geteilt hatte. Der Streitwert beträgt 11.000 Euro. Die Klagsschrift liegt ZackZack vor.  

Pensionistin hart getroffen

Für Frau F. ist die Klage Straches finanziell und psychisch belastend. „Sowas trifft dich wie ein Stein am Schädel“, sagt sie im Telefongespräch mit ZackZack. Dass Sie für das Teilen eines oe24-Artikels juristisch belangt wird, sieht sie nicht ein: „Weil ich ja gar nicht die Urheberin des Artikels bin. Es kann ja nicht sein, dass es immer die Kleinsten trifft“, zeigt sie sich auch über die freie Meinungsäußerung im Internet besorgt.

Ein Vergleichsangebot und einen Gerichtstermin am Landesgericht Eisenstadt gibt es noch nicht. Frau F. wünscht sich „dass man die Gerichtsverhandlung noch abwenden kann“. Das hat vor allem finanzielle Gründe: „Ich kann das gar nicht stemmen mit meiner Pension“, sagt sie.

Entsetzt ist Frau F. auch deswegen, weil sie bei ihren Meinungsäußerungen immer auf einen korrekten und respektvollen Tonfall bedacht ist. Die Klage halte sie deshalb nicht für gerecht.

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Bild: Für dieses Posting wurde Frau F. auf einen Streitwert von 11.000 Euro verklagt. (Quelle: Facebook)

Straches Anwalt sieht „Hassposting“

Der Anwalt Straches, Maximilian Donner-Reichstädter, sah in dem Posting von Frau F. jedoch laut Klagsschrift ein „klassisches Hassposting“ und forderte Entschädigung wegen des Tatbestands der Üblen Nachrede. Er sieht Straches höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt. Eine ZackZack-Anfrage zur Klage gegen Frau F. beantwortete er mit dem Hinweis darauf „dass jeder für seine eigenen Äußerungen in seinem Social-Media-Profil haftet.“

Hauptschuld treffe jedoch nicht Frau F., sondern die Mediengruppe Österreich, welche laut Donner-Reichstädter „seit geraumer Zeit eine Diffamierungskampagne gegen meinen Mandanten führt und Dritte durch reißerisch gestaltete Social-Media-Postings verleitet, diese rechtswidrigen und unwahren Behauptungen zum Eheleben meines Mandanten weiterzuverbreiten.“ In erster Instanz wurde Österreich zu einer Entschädigungszahlung von 110.000 Euro verurteilt, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zurückziehen wird Strache die Klage gegen Pensionistin F. nicht. Im schlimmsten Fall droht ihr eine Entschädigungszahlung in Höhe ihrer achtfachen Pension.

Frau F. ist nicht die einzige Pensionistin, gegen die Strache juristisch vorgeht. Am Freitagabend erreichte die ZackZack-Redaktion die Mitteilung über eine weitere Klage gegen einen Pensionisten: „Ein guter Bekannter von mir, Pensionist ohne Rücklagen, wird derzeit von H.C. Strache straf- und zivilrechtlich verklagt, weil mein Bekannter auf Facebook unkommentiert einen Artikel von Ö24 geteilt hat“, heißt es darin. Der Streitwert soll sich in diesem Fall auf 35.000 Euro belaufen, die Angaben konnten bis zur Veröffentlichung des Artikels noch nicht überprüft werden.

Klagen vs. “Pensionistenwürde”

Es sind nicht die ersten beiden Klagen Straches, die öffentlich bekannt geworden sind. Bereits im April wurde eine 73-jährige Wiener Mindestpensionistin zu einer Entschädigungszahlung an den ehemaligen Vizekanzler und der Übernahme der Prozesskosten verurteilt. Auch sie hatte den oe24-Artikel geteilt.

Der frühere Zahntechniker und spätere Spitzenpolitiker war zwischenzeitlich in Geldnot geraten. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung und einigen strafrechtlichen Vorwürfen gegen ihn, bat er seine Unterstützer öffentlich um Spenden, um seine horrenden Anwaltskosten zu bezahlen. In den Causen PRIKRAF und ASFINAG wurde Strache mittlerweile freigesprochen. Ermittlungen rund um illegale Parteifinanzierung durch die Novomatic wurden eingestellt. In der FPÖ-Spesenaffäre wird weiterhin ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung.

Mittlerweile sorgt Strache, der laut eigener Darstellung nun Unternehmer ist, mit seinen Klagen selbst für Prozesskosten bei Beziehern kleiner Pensionen. Mit den Entschädigungszahlungen überrumpelter Pensionisten scheint der ehemalige FPÖ-Politiker ein Modell für zusätzliche Einnahmen gefunden zu haben.

Sein Vorgehen steht im Widerspruch zu einigen Aussagen, die er als Spitzenpolitiker vorgenommen hatte. So sagte er als Vizekanzler ein einem Regierungsstatement: „Wir wollen gegen Altersarmut ankämpfen und sicherstellen, dass Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich in Würde leben können.“ Auf der Website seines Teams HC-Strache heißt es: „Wir orientieren uns daran, was Bürgerinnen und Bürger in Österreich bewegt und was sie brauchen, um ein angstfreies, selbstbestimmtes Leben in Würde und Freiheit zu führen.“

Strache selbst beantwortete eine ZackZack-Anfrage nicht.


Titelbild: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com, HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Pilz

    Redakteur bei ZackZack. Studierte Philosophie an der Uni Wien und schreckt auch vor komplexen Themen nicht zurück.

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