Samstag, Dezember 6, 2025

“Menschenhandel”: Gesuchter Philippinen-Politiker will Asyl in Österreich

Philippinische Justizbehörden verfolgen einen Vertrauten von Ex-Machthaber Rodrigo Duterte, es geht um Menschenhandel. Letzte Woche saß der Mann in einem Flugzeug nach Österreich, wo er laut Berichten ein Visum erhalten habe. Die zuständigen Ministerien in Wien schweigen.

Wieder einmal führt ein spektakulärer, internationaler Politkrimi nach Wien – und wirft Fragen nach der Verantwortung heimischer Behörden auf.

Der philippinische Politiker und Anwalt Harry Roque – er war Sprecher des berüchtigten und in Den Haag inhaftierten Machthabers Rodrigo Duterte – saß vergangene Woche in einem Flugzeug von Amsterdam nach Wien. Erst in letzter Minute wurde er aus dem Flugzeug geholt, laut Medienberichten wegen eines schlechten gesundheitlichen Zustands. In seiner asiatischen Heimat ist Roque seit vergangenem Jahr schweren Vorwürfen ausgesetzt, es geht um seine mutmaßliche Rolle im Zusammenhang mit Menschenhandel.

Wie nun bekannt wurde, soll ausgerechnet Österreich für ein Asylverfahren des Mannes zuständig sein – außerdem soll der Beschuldigte von den heimischen Behörden ein Visum erhalten haben. Im Außenministerium schweigt man, ZackZack kennt die Details der verworrenen Causa.

Emirate und Österreich

Von 2016 bis 2022 verfolgte die Regierung Rodrigo Dutertes auf den Philippinen eine brutale Anti-Drogen-Politik, die sich jedoch auf massenhafte Tötungen und Selbstjustiz stützte. Duterte fiel dabei durchwegs mit derben und verbrecherischen Aussagen auf, verglich sein Vorgehen gegen Drogenabhängige mit Hitler und dem Holocaust. Im März 2025 wurde er in Manila wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhaftet und befindet sich seither in Den Haag in Haft.

Harry Roque war wiederum ab 2017 Dutertes Sprecher und dessen enger Vertrauter. Im Oktober 2024 erhoben die philippinischen Justizbehörden gegen den Juristen Anklage, es geht um seine Rolle als Berater des Glückspielunternehmens Lucky South 99, das in eine Affäre aus Menschenhandel und Korruption verwickelt ist. Roque bestritt die Vorwürfe vehement, verließ den Inselstaat offenbar schon im September letzten Jahres und hielt sich danach in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf.

Heuer im März tauchte er plötzlich in den Niederlanden auf und gab bekannt, dass er dort um Asyl ansuche. Er wolle zudem “seinen Präsidenten” Duterte in Den Haag verteidigen, zitierten Medien. Wie Roque konkret nach Europa gelangte, schien unklar.

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Harry Roque machte sich offenbar auf den Weg nach Wien, wurde allerdings aus dem Flieger geholt.

Vergangene Woche wurde es dann turbulent: Via Social Media, wo er mehrere Millionen Follower hat, verkündete Roque am Dienstag, dass er aus Amsterdam nach Wien aufbreche, weil für sein Asylverfahren eigentlich die österreichischen Behörden zuständig seien. Noch aus der Maschine heraus postete er ein entsprechendes Flugticket. Kurze Zeit später wurde er allerdings aus dem Flugzeug geholt – wie die Manila Times berichtete, angeblich wegen eines gesundheitlichen Problems.

Bemerkenswert: Laut übereinstimmenden, philippinischen Medienberichten sei es Österreich gewesen, das dem Philippiner ein Schengen-Visum für seinen Aufenthalt in Europa ausgestellt hätte. Laut zitierten Aussagen Roques sei nun demnach auch Österreich für sein Asylverfahren zuständig.

„Wir sind überzeugt, dass die zuständige Asylbehörde in Österreich die notwendigen Recherchen und Überprüfungen der Informationen, die ihr Rechtsanwalt Harry Roque übermitteln wird, durchführen wird”, sagte der philippinische Justizsprecher Dennis Chan letzte Woche vor Reportern. „Wenn Anwalt Roque in den Niederlanden Asyl beantragt, sollte er sich dort aufhalten, um seinen Antrag bearbeiten zu lassen. Wenn ihm die österreichische Regierung – seinen Aussagen zufolge – Asyl gewähren wird, sollte er sich in Österreich aufhalten.”

Kurz vor dem Vorfall vergangener Woche hatten die philippinischen Behörden laut Manila Times bei Interpol wegen Roque um eine “Red Notice”-Fahndungsnotiz angesucht. Er selbst bestreitet die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

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Rodrigo Duterte ist wegen des Vorwurfs des Verbrechens gegen die Menschlichkeit seit März in Haft. Sein von den Philippinen gesuchter Vertrauter Harry Roque soll in Österreich ein Visum erhalten haben. Foto: AFP PHOTO / POOL / NOEL CELIS

Keine Auskunft von Innen- und Außenministerium

Die Vorgänge werfen jedenfalls Fragen auf: Wann genau reiste Roque nach Europa – und offenbar konkret nach Österreich – ein? Stellten die heimischen Behörden ihm ein Schengen-Visum aus, obwohl in seiner Heimat gegen ihn ein Verfahren wegen schwerwiegender Vorwürfe läuft? Suchte der Mann wirklich zuerst in Österreich um Asyl an? Was wussten die Stellen über seine geplante Reise nach Wien?

ZackZack hat entsprechende Fragen an die für Visa-Erteilung beziehungsweise Asyl zuständigen Außen- und Innenressorts gerichtet, aber bislang keine entsprechenden Antworten aus den Ministerien von Gerhard Karner und Beate Meinl-Reisinger erhalten. Aus dem BMI heißt es knapp: “Zu Einzelfällen kann – außer in rechtlich geregelten Ausnahmefällen – aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft erteilt werden”. Seitens des Außenministeriums reagierte man am Montag auf eine Anfrage von ZackZack gleich gar nicht.


Titelbild: APA-Images / AFP / NOEL CELIS / Glanzl / Facebook

Autor

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

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