Am 6. November beginnen die Kollektivvertragsverhandlungen für die Branche Handel. Die Gewerkschaft will unbedingt über der Inflationsrate abschließen, die Wirtschaftsvertreter winken ab.
Mit 430.000 Angestellten ist der Handel der größte Arbeitgeber in Österreich. Anders als bei den Metallern, die im Durchschnitt deutlich besser verdienen als die Angestellten im Handel, geht es bei den Kollektivvertragsverhandlungen für den Großteil der Beschäftigten im Handel darum, dass alltägliche Ausgaben leistbar bleiben. Gerade im Lebensmitteleinzelhandel müssten schon jetzt viele weibliche Beschäftigte jeden Euro zweimal umdrehen. Besonders dann, wenn sie in Teilzeit arbeiten.
Die Metaller hatten im September überraschend in der ersten Verhandlungsrunde unter der Inflationsrate abgeschlossen. Chefverhandler Mario Ferrari von der Gewerkschaft GPA will das beim Handel nicht zulassen. Ähnlich sieht es seine Chefin: „Der Krisenabschluss in der Metallindustrie war ein Branchenspezifikum“ sagte GPA-Vorsitzende Barbara Teiber Anfang Oktober.
3 Prozent Inflation
Die Verhandlungsbasis im Handel ist für die GPA klar. Da die Inflationsrate in den vergangenen 12 Monaten bei leicht über drei Prozent gelegen ist, sollen die Gehälter auch um mindestens drei Prozent steigen. Einen Kaufkraftverlust bei den Beschäftigten im Handel will die Gewerkschaft unbedingt verhindern. Das würde laut Mario Ferrari auch den sanften wirtschaftlichen Aufschwung Österreichs weiter vorantreiben. Denn der überwiegende Anteil der Angestellten im Handel verkonsumiert sein Einkommen gänzlich – die Gehälter der Handelsangestellten landen also wieder im Wirtschaftskreislauf.
Für den GPA-Chefverhandler gibt es gute Gründe für die volle Inflationsabgeltung. Denn laut WIFO-Daten habe sich die Wirtschaft in Österreich leicht erholt. Der Chefverhandler der Arbeitgeberseite, Rainer Trefelik, sieht das naturgemäß anders. Eine Lohnerhöhung von drei Prozent oder mehr sieht er nicht kommen. Er verweist auf die schlechte wirtschaftliche Lage und die vielen Insolvenzen im Handel. Die Gewerkschaft hingegen unterstreicht das Umsatzplus im ersten Halbjahr 2025 von 1,8 Prozent im Handel. Die Fronten scheinen schon vor Verhandlungsbeginn verhärtet. Eine Einigung in Runde eins gilt als ausgeschlossen. Trotzdem betonen beide Seiten, eine gute Gesprächsbasis zu haben.
Frauen besonders betroffen
Von den KV-Verhandlungen im Handel sind besonders Frauen betroffen. Im Einzelhandel beträgt der Frauenanteil 71 Prozent. Jede sechste erwerbstätige Frau arbeitet im Handel. Um die rasend steigenden Lebenshaltungskosten zu kompensieren brauche es gerade für diese Gruppe, die oft im schlechter bezahlten Supermarkteinzelhandel arbeitet, einen guten Abschluss. Denn die Löhne sind im Lebensmitteleinzelhandel deutlich niedriger als beispielsweise bei den Metallern.
Neben Lohnerhöhungen strebt die Gewerkschaft auch bessere Rahmenbedingungen im Handel an. Dazu könnte eine höhere Bezahlung von Mehrstunden und eine Verkürzung der Arbeitszeit gehören. „Zu einer Arbeitszeitverkürzung wird eine Gewerkschaft nie nein sagen“, so Ferrari gegenüber Journalisten.
Kein Argument für Preisexplosion
Wirtschaftsliberale Think-Tanks und Experten verweisen stets auf den direkten Zusammenhang zwischen Löhnen und Inflation. Stark steigende Löhne würden die Teuerung weiter antreiben, so das Argument. Mario Ferrari will das nicht gelten lassen. An der Betriebsleistung gemessen liegen die Personalkosten für die Unternehmen im Handel nur bei 11,5 Prozent, so der Chefverhandler der GPA.
Kampfmaßnahmen möglich
Die Verhandlungen könnten sich bis in die Weihnachtszeit oder darüber hinaus ziehen. Neben dem Verhandlungsstart am 6. November 2025 sind Verhandlungsrunden für den 13. und den 24. November in den Räumlichkeiten der Wirtschaftskammer festgelegt. Sollte es dann noch immer keine Einigung geben, müsse man seitens der Gewerkschaft mit allem rechnen. „Lassen Sie sich überraschen“, kündigt Martin Müllauer an. Er wird als Leiter der Handelssparte in der GPA bei den Verhandlungen ebenfalls an vorderster Front dabei sein.
Titelbild: Canva, WKO, GPA
