Der Diplomat Johannes Peterlik, der unter der von der FPÖ nominierten Außenministerin Karin Kneissl diente, wird angeklagt. Es geht um mutmaßlichen Amtsmissbrauch. Peterlik soll ohne Grundlage mit geheimen Dokumenten hantiert haben.
Es handelt sich um die nächste brisante Anklage im Spionage-Kosmos rund um Jan Marsalek, Egisto Ott und internationale Geheimdienste: Wie die Staatsanwaltschaft Wien am Donnerstag bekannt gab, wird Anklage gegen Johannes Peterlik erhoben.
Der Diplomat diente unter der von der FPÖ nominierten Außenministerin Karin Kneissl als Generalsekretär und hatte dieses Amt von 2018 bis 2020 inne. In dieser Zeit – genauer gesagt im Oktober 2018 – soll Peterlik laut Staatsanwaltschaft “ohne dienstliches Erfordernis den als ‘geheim’ klassifizierten vollständigen Bericht der OPCW (Anm.: Organisation für das Verbot chemischer Waffen) zu einem Giftanschlag im Jahr 2018″ angefordert haben. Der Anschlag betraf Sergej Skripal, einen übergelaufenen russischen Agenten, der im März 2018 in England vergiftet worden war.
Peterlik soll den Bericht samt der Formel des eingesetzten Nervengifts Nowitschok im Oktober 2018 außerdem Egisto Ott “gezeigt haben”. Ihm wird deshalb “das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB sowie das Vergehen der Verletzung einer Pflicht zur Geheimhaltung nach § 310 Abs. 1 StGB zur Last gelegt. Die Strafdrohung beträgt sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe”, fasst die Staatsanwaltschaft zusammen. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig – für Peterlik gilt die Unschuldsvermutung.
Auch Marsalek prahlte mit Wissen über die Formel
Auch der mutmaßliche russische Agent und flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek soll im Sommer 2018 damit geprahlt haben, im Besitz der Formel des Nervengifts zu sein. Darüber berichtete die Financial Times. Dass Marsalek den Bericht über Egisto Ott erhalten haben könnte, ist bisher jedoch nicht erwiesen.
Ermittlungen und Zeugenaussagen ergaben in diesem Zusammenhang etwa, dass auch ein hochrangiger Beamter des österreichischen Verteidigungsministeriums in engem Kontakt mit Marsalek stand und durch Russland-Nähe auffiel – weshalb er schließlich sogar suspendiert wurde. Auch der nun angeklagte Johannes Peterlik wurde 2021 wegen der Vorwürfe von seinem Botschafterposten in Asien abgezogen. Eine Beschwerde dagegen scheiterte heuer vor dem Verfassungsgerichtshof. Die brisanten Vorwürfe und involvierten Personen werfen jedenfalls einmal mehr ein äußerst bedenkliches sicherheitspolitisches Bild auf die türkis-blaue Regierungszeit.
Titelbild: Peterlik: Von Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres – Senior Minister of State von Singapur bei GS Peterlik, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=72144705
Marsalek: k.A.
