Weitere Details zur Anklage gegen Egisto Ott: Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Jan Marsalek 2022 für drei BMI-Handys 50.000 Euro bezahlt hätte. Ott will die Telefone hingegen zerstört haben. Außerdem: Wie Ermittler die Freundin von Martin Weiss ausspähten.
Am Dienstag veröffentlichte ZackZack exklusiv erste Details aus der 172-seitigen, neuen Anklageschrift gegen Egisto Ott. Konkret soll der frühere BVT-Beamte ab 2017 Informationen zu mehrheitlich russischen Staatsbürgern erhalten haben, die laut Anklage nur der FSB liefern hätte können. Ott soll dann Datenbanken und Polizeikontakte genutzt haben, um Aufenthalte der Personen auszuspähen.
Ott bestreitet die Spionage-Vorwürfe vehement, die Unschuldsvermutung gilt, gegen die Anklage wurde zudem Einspruch eingelegt. Der 63-Jährige sieht sich bis heute als “verdienstvollen Verfassungsschützer.” Die Anklage ortet in Otts mutmaßlichen Handlungen andere Motive – sie geht von “finanziellen Gründen und einer Frustration gegenüber der Führungsebene des BVT” aus.
50.000 für drei BMI-Handys?
Einen konkreten Hinweis für finanzielle Gegenleistungen wollen Ermittler etwa in Chats gefunden haben, die von Jan Marsalek und einem bulgarischen Handlanger stammen sollen. Darin sei die mutmaßliche Übergabe von Diensthandys dreier BMI-Spitzenbeamter gegen gute Bezahlung thematisiert worden.
Zur Erinnerung: Bei einem Kanu-Ausflug des Kabinetts von Wolfgang Sobotka gingen 2017 mehrere Telefone in der Donau baden, deren Daten wurden im BVT ausgewertet und landeten später auch bei ZackZack. Die Inhalte zeigten allerhand brisante Nachrichten zu ÖVP-Postenschacher, es gab Ermittlungen, viele Hinweise waren strafrechtlich allerdings verjährt.
Was mit den Telefonen selbst passierte, ist eine andere Geschichte: Laut Anklage hätte Jan Marsalek – einst Wirecard-Manager, nebenbei offenbar FSB-Agent – ein Interesse an den Handys gehabt und dafür 50.000 Euro hingeblättert. Im Juni 2022 soll Marsalek mit dem Bulgaren Orlin Roussev per Chat eine Übergabe der Geräte in Wien vereinbart haben, im Juli ging es dann um die Bezahlung. Marsalek soll gefragt haben, “ob man jemanden habe, der nächste Woche EUR 50.000,-(„50k“) in Berlin mitnehmen und diese nach Wien bringen könne“. Eine Übergabe des Geldes sei dann am 12. August in der Wiener Wohnung von Otts Schwiegersohn passiert, heißt es in der Anklage.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Handys über Istanbul nach Moskau gelangt seien und fasst Chats zusammen, wonach Marsalek diese auch gesichtet hätte. “Manchmal hasse er seinen Job. Die privaten Nachrichten fremder Leute durchzusehen, sei ziemlich nervend.”
Ott hingegen bestreitet die Authentizität der Chats und sagte aus, er habe die Telefone mit einem “Fäustel” in Kärnten zerstört und entsorgt. Bemerkenswert ist, dass das Oberlandesgericht Wien die Geschehnisse rund um die Handys letztes Jahr nicht als “dringend tatverdächtige” Spionage-Handlung beurteilte. Ob das in einem 2026 erwarteten Geschworenenprozess ebenso passiert, wird sich zeigen.
Ermittler spähten Martin Weiss’ Freundin mit Peilsender aus
Während Ott sich bislang dem Verfahren stellt und zweimal in U-Haft genommen- und wieder enthaftet wurde, sind Schlüsselpersonen der Affäre auf der Flucht. Wie Standard und der Spiegel zuletzt berichteten, soll sich Marsalek in Russland mit neuer Identität bewegen und in der Moskauer FSB-Zentrale ein und aus gehen. Der frühere BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss, der Ott mit Abfragen beauftragt haben soll, wird wiederum in Dubai vermutet. Er verließ 2021 Österreich, ein internationaler Haftbefehl gegen ihn wurde aber erst Ende 2023 “angeregt” und einiges später beschlossen.
Wie zwei ZackZack vorliegende Gerichtsbeschlüsse vom Juli und August 2025 zeigen, haben Ermittler inzwischen versucht, Weiss über seine in München lebende Freundin ausfindig zu machen. Demnach ließ die Wiener Staatsanwaltschaft das Telefon der Frau ab September 2024 überwachen. Nach einer weiteren Anordnung wurde auch ein Peilsender am Auto der angeblichen Verlobten von Weiss angebracht. Ausgeführt wurde das offenbar von deutschen Polizisten, die einem europäischen Ermittlungsauftrag aus Wien folgten.
Die Frau reichte gegen die Maßnahmen Beschwerden ein und monierte, dass Ermittler dafür “widerrechtlich” in ihre Privatgarage hätten einbrechen müssen. Das Landesgericht Wien wies den Einwand Ende August “angesichts der Schwere der Vorwürfe” zurück. Das OLG hatte zuvor auch ihre Beschwerde zur Telefonüberwachung abgewiesen. Welche Ergebnisse die Maßnahmen erbrachten ist offen. Nach ZackZack vorliegenden Informationen sei die Frau offenbar im Herbst 2024 und im Jänner 2025 in Österreich gewesen. Weil ihr Telefon beim Aufenthalt 2024 auch “im Raum Feistritz/Kärnten” eingeloggt gewesen wäre, wird von Ermittlern zudem über ein mögliches Treffen mit dem Kärntner Ott spekuliert.
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