Samstag, Dezember 6, 2025

“Von Sobotka aus”: Mock-Institut-Akten in Rossatz

Ein Zeuge aus Deutschland will 2023 mitbekommen haben, wie Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. kistenweise dienstliche Unterlagen im Haus in Rossatz deponierte. Die Akten hätten laut P. “wegen einer Kontrolle” wegmüssen, heißt es in einer eidesstättigen Erklärung des Mannes.

Das Haus nahe dem Rossatzer Tennisplatz ist in der Causa Christian Pilnacek ein zentraler Schauplatz. Der verstorbene Justiz-Sektionschef ging hier in den Monaten vor seinem Tod (und noch in der Nacht davor) ein und aus, seine Freundin Karin Wurm lebte hier – und auch Wolfgang Sobotkas Mitarbeiterin Anna P. quartierte sich für einige Monate dort ein.

Von einer bemerkenswerten Begegnung mit P. an dieser Adresse berichtet nun erstmals ein Zeuge aus Deutschland. Es handelt sich um Marcus B., Unternehmer aus Köln, der das Haus 2022 ursprünglich gemeinsam mit Karin Wurm angemietet hatte. Wurm zog es damals zurück in ihr Heimatland; B., ein langjähriger Freund, nutzte es sporadisch als Ferienunterkunft.

“Von Sobotka aus Unterlagen zwischengelagert”

“In den Jahren 2022 und 2023 bin ich immer wieder zu Erholungszwecken aus Deutschland in das Haus nach Rossatz gekommen”, teilt B. gegenüber ZackZack mit. In der ersten Maiwoche 2023 sei er eines Nachmittags gerade mit Gartenarbeiten beschäftigt gewesen, als Anna P. mit ihrem PKW vorfuhr. B. beobachtete, wie die Mitarbeiterin des damaligen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka Aktenordner und Unterlagen auslud und Richtung Hauseingang brachte.

Verwundert habe er seine Bekannte, die seit dem Frühjahr an der Adresse wohnte, angesprochen: “Was machst du denn da? Bringst du Hausaufgaben mit nach Hause?” Woraufhin P. geantwortet habe, dass es sich um Unterlagen “aus ihrer Arbeit” handelte. Sie habe erklärt, dass die Papiere “von dort wegmüssten, wegen einer Kontrolle” und im Rossatzer Haus “zwischengelagert” werden sollten. Das habe “von Sobotka aus” so passieren müssen. Die Unterlagen – B.s Erinnerung nach zwei bis drei Kisten voll mit Papieren – seien dann unterhalb einer Holztreppe im Haus verstaut worden.

Ein oder zwei Tage später habe der Mann aus Neugier auch einen kurzen Blick auf die Akten geworfen. Dabei sei ihm auf einem der Papiere die Beschriftung “Mock-Institut” aufgefallen. Was letztlich aus den Unterlagen wurde, wisse der Unternehmer nicht.

Als Deutscher sei er an der österreichischen Innenpolitik damals wie heute nicht sonderlich interessiert. Durch die mediale Berichterstattung in der Affäre Pilnacek habe er sich aus der Ferne aber wieder an die seltsame Episode erinnert und sich an ZackZack gewandt. Nachsatz: “Sollte ich damit irgendwie zu Aufklärung beitragen können.”

Die Wahrnehmungen hielt B. in einer eidesstättigen Erklärung fest, er würde sie auch gegenüber Ermittlungsbehörden und vor Gericht so schildern. Karin Wurm gibt auf Nachfrage an, sich an die Lagerung von Unterlagen durch P. unterhalb der Treppe zu erinnern; wo diese verblieben sind, wisse aber auch sie nicht.

Alois-Mock-Institut in schiefem Licht

Das 2012 gegründete, ÖVP-nahe Alois-Mock-Institut (AMI) war in den vergangenen Jahren jedenfalls immer wieder in ein schiefes Licht geraten, ehe es 2022 aufgelöst wurde. Vorwürfe von illegaler Parteienfinanzierung hielten sich hartnäckig. 2020 gingen mehrere Anzeigen bei der WKStA ein, die nach einem Vorhabensbericht keine Ermittlungen einleitete, laut Falter aufgrund von Verjährung.

In zwei U-Ausschüssen war das AMI ebenfalls Thema: Die Parlamentarier fanden heraus, dass der Verein, in dem Wolfgang Sobotka als Präsident wirkte, üppige Spenden von Novomatic und niederösterreichischen Landesunternehmen lukrierte. Aufregung herrschte zudem, weil dem U-Ausschuss Finanz-Erhebungen zum AMI lange nicht übermittelt wurden. Schließlich sagte Thomas Schmid 2022 bei der WKStA aus, dass Sobotka einst wegen einer Steuerprüfung des AMI im Finanzministerium interveniert hätte, was vom ÖVP-Politiker heftig bestritten wurde.

Angesichts dieser Ereignisse werfen die eidesstättigen Aussagen von Marcus B. jedenfalls heikle Fragen auf: Welche Unterlagen wurden in Rossatz “zwischengelagert”? Welcher “Kontrolle” könnten die Akten auf Wunsch “von Sobotka aus” entgangen sein? Könnte es Anlass für neue Prüfungen geben?

Keine Stellungnahmen von Sobotka und Mitarbeiterin

ZackZack hat Anna P. und Wolfgang Sobotka mit den Aussagen des Unternehmers konfrontiert und entsprechende Fragen gestellt. P.s Anwältin teilt mit, dass diese keine Person des öffentlichen Interesses sei und sich nicht äußern wolle. Von Wolfgang Sobotka gibt es bislang keine Rückmeldung.

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Ordnerstruktur der “roten Festplatte” – Dateien zum Mock-Institut im Ordner des Kabinetts.

Auffälligkeiten zu P.s jahrelanger Tätigkeit für Sobotka zeigen sich auch auf der ZackZack zugespielten “roten Festplatte”, die Anna P. zuzuordnen ist. Wenn man dort Sobotka KABI anklickt, kommt man in Sobotkas Kabinett zu einem Ordner namens “AMI” – Alois Mock Institut.

Anna P. war zunächst im Kabinett des Innenministers, dann als Mitarbeiterin des Nationalratspräsidenten tätig. Parallel dazu werkte sie aber auch für den ÖVP-nahen Verein, was Fragen zu einer problematischen Überschneidung aufwirft. Auch dazu wollten sich Sobotka und die Mitarbeiterin bislang nicht äußern.


Titelbild: Wikicommons-  Duke of W4 / Christopher Glanzl

Autor

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

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