Nach ZackZack-Recherchen zu einem undurchsichtigen Dubai-Lobbyisten im BMI-Umfeld bemühte sich Bundespolizeidirektor Michael Takacs um Distanz. Neue Mails zeigen, dass der Spitzenpolizist mit dem Lobbyisten jedenfalls über Jahre in Kontakt stand. Das BMI spricht nun von “Ermittlungen” gegen den Unternehmer.
Es waren heikle Aussagen, die im Juli über eine parlamentarische Anfrage der Grünen öffentlich wurden: “Taki (…) hat mich dann auch gefragt, ob es die Möglichkeit gäbe, dass wir beide eine Firma in Dubai gründen, also er und ich, was ich grundsätzlich mir natürlich vorstellen kann.” Und: “Er hat mir auch ein paar Unterlagen gegeben von Leuten, die gesucht werden, zu einem sehr bekannten Fall. Wo ich jetzt auch schon ein paar unserer Geheimdienst-Jungs drauf angesetzt hab.”
Die transkribierten Äußerungen stammten von einem heimischen Lobbyisten aus der Sicherheitsbranche, der sich seit Jahren im Umfeld des BMI bewegte, in den Emiraten tätig ist und die dazugehörige Sprachnachricht nach einem Termin bei Bundespolizeidirektor Michael “Taki” Takacs heuer im März in der Rossauer Kaserne verschickte. Takacs wies die Behauptungen vehement von sich und legte sogar eine eidesstättige Erklärung des Lobbyisten vor, in der dieser sämtliche Aussagen revidierte und sich verpflichtete, sie künftig nicht mehr zu tätigen.
Takacs und das BMI gingen zu dem Geschäftsmann aber auch ganz grundsätzlich auf Distanz: “Ich verwehre mich daher dagegen, dass XX in sozialen Medien und gegenüber Dritten eine nicht bestehende Geschäftsbeziehung und ein nicht bestehendes besonderes Naheverhältnis zur österreichischen Polizei oder mir persönlich behauptet“, schrieb der Spitzenbeamte an ZackZack und Standard. “Seitens der BPD gibt es keine geschäftlichen Beziehungen zu XX. Auch übt er keine Tätigkeit für die Bundespolizei in den Emiraten aus“, hieß es seitens dem BMI.
Neue Mails werfen Fragen auf
Schon damals warfen die Distanzierungen jedoch Fragen auf – immerhin behauptete der Lobbyist in öffentlichen Postings, für die Bundespolizei in den Emiraten tätig zu sein und lichtete sich mit prominenten Polizisten ab; offenbar störte sich lange niemand an der Verbindung. Auch organisierte der Geschäftsmann bei Polizisten beliebte Events. ZackZack deckte zudem auf, dass er mit Beamten von Spezialeinheiten auf Urlaub fuhr (samt offener Fragen zur Bezahlung) und der WEGA-Vizekommandant in dessen Firmenunterlagen auftauchte.
ZackZack wurden nun eine Reihe weiterer Mails aus den Jahren 2023 und 2024 zugespielt, die schildern, dass der Lobbyist mit dem Bundespolizeidirektor und anderen hochrangigen Beamten immer wieder in Mailkontakt stand, was an der Darstellung von Takacs und BMI zweifeln lässt.
Flüge, Termine, “Gastgeschenke”
Vor allem rund um ein jährliches Polizeievent in Dubai – die “UAE Swat Challenge” – wurde der Unternehmer bei BMI-Spitzen vorstellig. Aus einem Mail an Emiraten-Botschafter Etienne Berchtold im Jänner 2023 geht hervor, dass Berchtold dem Lobbyisten “wärmstens” von “Michi Takacs” empfohlen worden sei, in CC gesetzt war auch der Bundespolizeidirektor selbst. Später wurde aus dem Botschafter “lieber Etienne.”
Anfang Februar 2023 meldete sich der Unternehmer dann bei zwei BMI-Beamten – in CC “wie gewünscht” wieder Takacs und Berchtold – mit Registrierungscodes für Flüge nach Dubai, offenbar bereitgestellt für Polizisten, die an dem Event teilnehmen sollten. Auch Hotelangebote “weit unter allen” Preisen wurden angetragen. Dass es für den Geschäftsmann anscheinend möglich war, beim Bundespolizeidirektor Termine zu akkordieren, zeigt auch ein Mail vom April 2023: “Wie gestern kurz mit Michael geschrieben” erbat er Takacs’ Mitarbeiterin um die Organisation eines “Calls”.
Im November 2023 klopfte der Geschäftsmann bei Takacs und einen BMI-Abteilungsleiter per Mail an und schilderte, dass er mit “Tätigkeiten für das MOI UAE” (Innenministerium der Emirate, Anm.) betraut sei. Anscheinend bot der Unternehmer dem BMI Kurse der Dubai Police mit “untenstehenden fees” an und sprach über “Umsetzung der einzelnen besprochenen Projekte zwischen hier und dort.”
Im Jänner 2024 meldete er sich im Vorfeld des erneut stattfindenden Polizeiwettbewerbs bei Takacs. Er werde “mit jedem der 87 Teams einen kurzen Austausch für die österreichische Bundespolizei halten und dann in der Nachbereitung ebenfalls so gut als möglich eine kurze Zusammenfassung” erstellen. Auch erkundigte er sich in diesem Zusammenhang über etwaige “Gastgeschenke“, die er für das Event nach Dubai mitnehmen könnte.

Für Takacs “jedes Monat eine Woche in Dubai”?
Bemerkenswert ist auch eine Mail, die der Lobbyist Ende Jänner 2024 an eine Mitarbeiterin der Fluglinie Emirates schickte. “Ich stelle gerade für das Bundesministerium für Inneres bzw. den Bundespolizeidirektor und in Absprache mit dem Österr. Botschafter in Abu Dhabi ein Delegationsteam zusammen.“ Und weiters: “Gibt es die Möglichkeit sich bezüglich Flüge auszutauschen, da ich für den Bundespolizeidirektor jetzt jedes Monat eine Woche in Dubai bin und wir hier auch schon eine Unternehmung im Sinne eines Verbindungsbüros gegründet haben.“ Zu betonen ist, dass Takacs in dieser Mail kein Empfänger war und davon nicht in Kenntnis gewesen sein könnte.
Angesichts all dieser Kommunikation drängt sich aber die Frage auf, wieso Takacs und das BMI ein Naheverhältnis und Tätigkeiten so pauschal in Abrede stellen, obwohl eine Vielzahl der Mails dagegen spricht und ja an die Beamten selbst adressiert war.
BMI spricht von Ermittlungen gegen den Lobbyisten
Mit all diesen Widersprüchen konfrontiert, streitet man seitens des Innenministeriums weiter ab, dass mit dem Lobbyisten eine Zusammenarbeit bestehe: “Es wird erneut darauf hingewiesen, dass zwischen der Bundespolizeidirektion und der von Ihnen genannten Person keine Geschäftsbeziehung besteht und Herr XX keine Tätigkeit für die Bundespolizei ausübt.”
Erwähnt werden seitens des BMI nun sogar Ermittlungen in dem Zusammenhang: “Weiters wird angemerkt, dass gegen die von ihnen genannte Person auch Ermittlungen geführt wurden. Insbesondere wurden vom Genannten Visitenkarten mit dem Aufdruck „Polizei“ verwendet, um dadurch ein Beschäftigungs- oder zumindest ein Naheverhältnis vorzuspiegeln.” Eine Sachverhaltsanzeige an die Justiz sei erstattet worden. Ob diese vom BMI selbst getätigt wurde und wann dieser Schritt erfolgte, bleibt offen.
Der Anwalt des Lobbyisten hält fest, dass sich sein Mandant nicht weiter zu den Inhalten der Mails äußern wolle. Man erachte es als “befremdlich”, neuerlich von ZackZack konfrontiert zu werden. Zuletzt hieß es seitens des Anwaltes, dass sein Mandant “zu keinem Zeitpunkt ein rechtswidriges Verhalten gesetzt” habe.
Titelbild: ZackZack / Pixabay / Montage
