Die Welt spricht wieder von Friedensverhandlungen. Für jene, die im Lärm des Krieges leben, sind diese Gespräche ferne Rituale.
Die Welt spricht wieder von Friedensverhandlungen. Sachlich, nüchtern, routiniert. Als wäre es ein organisatorischer Vorgang, kein existenzieller. Man tauscht Bedingungen, verfasst Papiere, verschiebt Linien auf Karten. Und überall steht der Name Putin wie eine Fußnote, die den Raum ausfüllt, bevor jemand sie ausspricht.
Man betritt das Gelände dieser Gespräche wie eine Landschaft, deren Boden jederzeit nachgeben kann. Die Sprache wird vorsichtig, die Gesten begrenzt. Diplomaten reisen an, lächeln ihr pflichtschuldiges Lächeln, das sagt: Wir versuchen es. Noch einmal. Wieder. Immer wieder. Und doch wissen alle, dass sie sich an einen Tisch setzen, dessen Länge sich ausdehnt, unerbittlich, sobald jemand Missliebiger am anderen Ende sitzt.
Putin sitzt dort mit unbeweglicher Ruhe, die weniger Gelassenheit als Kontrolle ist. Er hört zu, aber sein Zuhören ist kein offenes Türchen. Es ist ein stilles Vermessen. Er lässt reden, weil das Reden der anderen Zeit kostet – seine Währung, sein Werkzeug. Frieden, wie er ihn versteht, ist kein Versprechen. Es ist ein Arrangement, das seine eigenen Ränder hat und in dem das Wort „Verhandlung“ nur der höfliche Schleier über einer Einbahnstraße ist.
Die Delegationen kommen mit Hoffnungen und Sorgen, sie wissen, was von ihren Sätzen abhängt. Manche sind alt genug, um zu wissen, wie Hoffnung aussieht, wenn sie erschöpft ist. Andere jung genug, um zu glauben, dass man durch die richtige Formulierung eine Richtung ändern kann. Doch über allem liegt der Schatten eines Mannes, der gelernt hat, dass Geduld dann am wertvollsten ist, wenn sie bei anderen bricht.
Für jene, die im Lärm des Krieges leben, sind diese Gespräche ferne Rituale. Dort, wo Mauern erzittern und Tage nicht planbar sind, ist Frieden kein politisches Konzept. Er ist ein Hoffen auf das Überleben. Dort ist er ein Atemzug, der nicht von Explosionen übertönt wird. Ein Abend, der nicht der letzte sein wird. Ein Bett, das bleibt.
Doch die Verhandlungen gehen weiter. Akten wachsen, Floskeln häufen sich, die einen warnen, die anderen würden gern etwas vom angepeilten Imperium abhaben. Und Putin sitzt da, unbeweglich wie ein Denkmal, das sich selbst erschaffen hat. Vielleicht wartet er nur darauf, dass alle anderen müder werden als er. Dass die Erschöpfung zu einem Argument wird.
So dreht sich die Spirale weiter, still, unerbittlich. Und das Wort Frieden fällt wieder und wieder, wie Schnee im April. Es berührt den Boden, glänzt einen Moment – und verschwindet, noch bevor jemand sicher ist, ob es wirklich da war. Was der Zar will, ist kein Frieden. Er will Unterwerfung.
Titelbild: Miriam Moné
