Samstag, Dezember 6, 2025

Pilnaceks Smartwatch: brisante grüne Fragen an Justizministerin

Die Vorgänge rund um die Smartwatch sind zum spannendsten Aspekt in der Causa Pilnacek geworden. Wurde das Gerät mittlerweile sichergestellt? Das und mehr will die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli nun mit einer parlamentarischen Anfrage herausfinden.

Es war ein Bericht mit Sprengkraft, der Mitte August auf ZackZack erschien: Ein zugespielter IT-Bericht, den die WKStA in Auftrag gegeben hatte, widerlegte bisherige Behauptungen des Landeskriminalamtes Niederösterreich (LKA), wonach aus der Smartwatch Christian Pilnaceks “keine für das gegenständliche Ermittlungsverfahren relevanten Daten” herauszubekommen waren.

Der neue IT-Bericht kam zu einem gegenteiligen Schluss: „Angemerkt wird, dass offenbar viele Daten in Datenbanken vorhanden sind, welche dazu dienen können, die letzten Stunden des Mag. Pilnacek genauer zu erörtern“, schrieb der von der Justiz beauftragte Experte. Zudem fiel dem IT‑Mann auf, dass sich auf einer Sicherungskopie – welche der WKStA nach erstem Zögern vom LKA übergeben worden war – eine Datei mit dem Namen “Gelöschte Daten” befand, die Fragen zu möglichen Manipulationen aufwarf.

Zwei Wochen nach den Enthüllungen zog die Oberstaatsanwaltschaft Wien eine Prüfung des Falles “Pilnacek” aus Krems ab und beauftragte die Staatsanwaltschaft Eisenstadt mit einer möglichen Wiederaufnahme. Seither war von dort öffentlich wenig zu hören. Während ZackZack-Recherchen weiter laufen, wollen nun auch die Grünen wissen, was in Eisenstadt bislang passiert ist. Sie stellen eine parlamentarische Anfrage mit 17 brisanten Fragen an Justizministerin Anna Sporrer.

Konsequenzen für Krems?

Gleich zu Beginn will die Abgeordnete Nina Tomaselli die Umstände zur Übertragung nach Eisenstadt erfahren: “Die Ermittlungen wurden auf Grundlage von § 28 Abs 1 StPO an die StA Eisenstadt übertragen, “um das Vertrauen in die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit bei der Führung des Ermittlungsverfahrens zu gewährleisten und jeden Anschein einer Befangenheit hintanzuhalten”. Wird die Tatsache, dass die OStA Wien sich zu diesem Schritt veranlasst sah, zu Konsequenzen in der StA Krems führen?

Es folgen weitere kritische Nachfragen zu Krems: “Welche internen oder externen Hinweise auf mögliche Befangenheit oder mangelnde Objektivität der Staatsanwaltschaft Krems wurden dokumentiert?” Und: “Wurde die Staatsanwaltschaft Krems nach der Übertragung des Verfahrens dienstaufsichtlich überprüft?”

Tomaselli will ergründen, wann genau die Staatsanwaltschaft Krems vom Vorhandensein der Smartwatch Kenntnis hatte – und auch, ob sie eine Sicherstellung anordnete. Der damals leitende Ermittler Hannes Fellner hatte im Medienprozess gegen ZackZack kürzlich ja ausgesagt, die Watch in Absprache mit der Staatsanwaltschaft über das Bundeskriminalamt (BK) auswerten zu lassen.

Fellner sei die Uhr selbst erst mehrere Wochen nach Pilnaceks Tod vorgelegen, hieß es im Prozess. Das BK hatte sich in der Folge dann extra eine Software besorgt, die aber keine “relevanten” Ergebnisse geliefert hätte.

Wurde Smartwatch bereits sichergestellt?

Frage 13 ist zentral: “Wurde die Smartwatch mittlerweile sichergestellt? Wenn ja: Wann und durch welche Staatsanwaltschaft? Wenn ja: In welchem Zustand und an wen wurde sie übergeben? Wenn nein: Welche Begründung gibt es dafür? Wer hat die Entscheidung für oder gegen eine Sicherstellung getroffen?”

Mit der Frage des “Zustandes” spielt die Abgeordnete wohl auf das Schicksal anderer Datenträger an. Pilnaceks Handy wurde im Gegensatz zur Smartwatch nie sichergestellt, sondern noch am Todestag an die Witwe Caroline List übergeben. Sie zerstörte es Wochen später mit einem Bunsenbrenner. Die Smartwatch landete nach der “erfolglosen” Auswertung des BK im Frühjahr 2024 ebenfalls im Privatbesitz Lists. Es bleibt abzuwarten, was aus dem Gerät wurde.

Kann Datenlöschung ausgeschlossen werden?

Zur Erinnerung: Der IT-Experte stellte in seinem WKStA-Bericht einen ungewöhnlich hohen Batterieverbrauch der Watch in der Todesnacht fest und stieß offenbar auf viele Versuche, sich mit anderen Bluetooth-fähigen Geräten zu verbinden. Der Auftrag des Experten zur Analyse war allerdings eng begrenzt, den in Datenbanken lokalisierten Gesundheitsdaten konnte etwa nicht weiter nachgegangen werden.

Gleichzeitig bemerkte der Experte auf der ihm vom LKA Niederösterreich zur Verfügung gestellten Sicherungskopie eine Datei mit dem Titel “Gelöschte Daten”, die mutmaßlich nur versehentlich mitgeliefert wurde. Tomaselli will auch diesen Vorgang untersucht wissen: “Im IT-Bericht der WKStA wird insinuiert, dass es zu einer Löschung von Daten der Smartwatch bzw. auf der Sicherungskopie gekommen sein könnte, der damals noch zuständige Beamte hat das medial bestritten. Wird die Feststellung des IT-Experten dennoch weiterverfolgt, um eine Datenlöschung ganz sicher auszuschließen?”

Antworten und Start des U-Ausschusses

Zwei Monate hat das Ressort von Justizministerin Anna Sporrer nun Zeit, die parlamentarische Anfrage der Grünen zu bearbeiten. Die Antworten könnten damit zeitlich knapp mit den ersten Befragungsrunden im anstehenden Pilnacek-U-Ausschuss zusammenfallen. Schon davor sollen bis 17. Dezember die Aktenlieferungen ans Parlament abgeschlossen sein.


Titelbild: Tomaselli: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

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