Der linke Kandidat für das Bürgermeisteramt in New York, Zohran Mamdani, wird von der konservativen Presse als Islamist und Kommunist zugleich dargestellt. Das passt überhaupt nicht zusammen – und entbehrt auch jeder Grundlage.
Am Dienstag ist es soweit: In New York wird ein neuer Bürgermeister gewählt. Angesichts der Chancen, die Zohran Mamdani nun gegen Andrew Cuomo hat, ist in der Presse Panik ausgebrochen, die sich in absurden Überzeichnungen zeigt.

Die Sprache, die die Feindbilder der vormals konservativen und jetzt autoritären und rechtsextremen Parteien zum Ausdruck bringt und die an die Zwanziger- und Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert, verrät den Niedergang der bürgerlichen Bewegungen und den Übergang ihrer Zeitungen von Informationsmedien zu Propagandainstrumenten.
Donald Trump hat Mamdani bereits als »communist« bezeichnet. Nicht sehr einfallsreich. In der FAZ schreibt Frauke Steffens allen Ernstes einen Artikel mit dem Titel: Die letzten Tage des Privateigentums. Dort heißt es unter einem Bild von Cuomo:
Kann er den Sozialismus noch verhindern? Der inzwischen parteilose Kandidat Andrew Cuomo, einst Gouverneur von New York.
Und weiter:
Mamdani treffen Rassismus und Hass auf Muslime mit Wucht, seit er angetreten ist. Cuomo nutzt das für sich, lachte kürzlich zustimmend, als ein Radiomoderator sagte, sein Gegner würde einen neuen elften September feiern. In Medien wie Fox News behaupten Kommentatoren, Mamdani wolle Kirchen und Synagogen abschaffen, „Sharia Law“ einführen.
Marie-Sophie Müller berichtet aus New York für die NZZ:
Wenn die Upper East Side die Oberlippe von New York City ist, dann zittert diese gerade vor Sorge. Zohran Mamdani, der in Downtown Manhattan und Brooklyn als politischer Superstar gefeiert wird und in der Kunst- und Kulturszene prominente Unterstützer wie die Sängerin Lorde, das Model Emily Ratajkowski und die Schauspielerin Cynthia Nixon für sich gewinnen konnte, rüttelt an den Werten der konservativen Oberschicht. Auf der Upper East Side wird der sich selbst als sozialistischer Demokrat bezeichnende Mamdani von vielen als Sozialist oder gar Kommunist verstanden. Er will bezahlbaren Wohnraum schaffen, schnelle Gratisbusse sowie kostenlose Kinderbetreuung einführen und plädiert für die Umverteilung von Polizeigeldern in Sozial- und Pflegearbeit.
In seltsamen Argumentationswindungen, die Hass gegen Muslime als den Kampf gegen Antisemitimus ausgeben, wird der völlig säkulare Mamdani vom Sozialisten zum muslimischen Extremisten. ORF.AT schreibt:
Als Mitglied der Democratic Socialists of America gehört er zum linken Flügel der Demokraten. Die Partei befindet sich seit Trumps zweitem Wahlsieg in einer Art Schockstarre, eine Strategie, das Weiße Haus oder den Kongress zurückzuerobern, ist nicht sichtbar. Auch in diese Lücke stößt Mamdani. […] Mamdani wäre zudem im Fall eines Sieges der erste Muslim an der Spitze von New York. Er trotzte bereits millionenschweren, teils islamophoben Negativkampagnen, die ihn etwa als gefährlichen muslimischen Extremisten darstellten.
Özlem Topçu, die Mamdani zu einem Populisten macht, schreibt im SPIEGEL unter dem Titel Werdet nicht panisch, er ist islamisch:
Der Kandidat der Demokraten gilt als Favorit für das Amt, das als »zweithärtestes in den Vereinigten Staaten gilt«, wie meine Kollegin Nicola Abé in ihrem lesenswerten Porträt über Mamdani schreibt. Der 34-Jährige führt in den Umfragen – wohl nicht, weil er Muslim ist und nicht allein deshalb, weil er sich für die Rechte aller gesellschaftlichen Randgruppen einsetzt; sondern wohl eher, weil er allen basale Dinge verspricht: eine Mietpreisbremse, kostenlose Kinderbetreuung und Busse. Es geht also um ein bezahlbares Leben in einer der teuersten Städte der Welt.
Ist das links, verrückt, längst überfällig – oder alles gleichzeitig? Könnte der untypische Linkspopulist der Boost für die Demokraten sein, die seit Trumps Sieg im vergangenen Jahr wie paralysiert und strategisch verloren wirken? Nicht alle in der Partei sind davon überzeugt.
Man kann nur eine Schlussfolgerung ziehen: Demokratisch zu denken und für gerechte Umverteilung zu sein wird in dieser Welt und ihrer sogenannten Presse bereits als extremistisch, radikal und populistisch gebrandmarkt. Ein trauriger Tiefpunkt im sogenannten Informationszeitalter.
Titelbild: Manon Verét
