Samstag, Dezember 6, 2025

Aus für politische Werbung bei Facebook und Instagram: was das für Parteien bedeutet

Ab Oktober dürfen personenbezogene Daten in politischer Online-Werbung EU-weit nicht mehr genutzt werden. Als Reaktion darauf schaltet Facebook politische Anzeigen künftig komplett ab. Was bedeutet das für Österreichs Parteien?

Bei politischen Werbeanzeigen wird es ab diesem Oktober große Änderungen geben. Aufgrund Verordnung (EU) 2024/900 über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung müssen eine Reihe bestehender österreichischer Mediengesetze geändert und ergänzt werden. Zukünftig dürfen personenbezogene Daten in der politischen online Werbung nicht mehr genutzt werden. Das soll dazu beitragen politische Werbung EU-weit transparenter zu gestalten. Für die Einhaltung der neuen Richtlinien zuständig ist die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria). Nach dem aktuellen Mediengesetz, muss politische Werbung als solche gekennzeichnet sein.

Die Relevanz von Sozialen Medien für Parteien

Den wohl stärksten Social Media Aufritt kann die FPÖ für sich verbuchen. Auch der jüngste Abgeordnete der mittlerweile mitregierenden SPÖ; Paul Stich sprach noch im Dezember letzen Jahres im ZackZack Interview von einem Vorsprung, den die FPÖ im Bereich Social Media hat: “wir sehen, dass die FPÖ uns noch was voraus ist.” Dabei stand die SPÖ vor allem im Wahlkampf rund um die Wienwahl im April 2025 sogar an erster Stelle im Bezug auf Followeranzahl und Reichweite.

Bundesweit dominieren in den Sozialen Medien hingegen die Freiheitlichen. Auf Facebook verfügt die FPÖ beispielsweise über mehr als 200.000 Abonnenten. Ihr Bundesparteiobmann Herbert Kickl sogar über 300.000. Die SPÖ belegt den zweiten Platz mit mehr als 130.000 Followern. Klar ist: Die FPÖ ist in allen Sozialen Medien bundesweit auf Platz 1. Auch in Medien wie TikTok, die sich an ein eher jüngeres Publikum richten, besitzt die FPÖ das größte Reichweite mit fast 100.000 Followern. (auch hier hat Herbert Kickl mehr Follower) Der Vorsprung könnte sich durch die frühere Nutzung der Plattform (bereits 2020) erklären lassen.

Ein Blick in den Meta-Werbebericht zeigt auch, welche finanziellen Mitteln die Parteien in Österreich in die Werbung auf Social Media stecken. Der Bericht listet Werbeausgaben für politische Anzeigen seit dem 15.04.2019 auf. Insgesamt haben die im Parlament vertretenen Parteien 11.8 Millionen Euro für politische Werbung bei bezahlten Werbeanzeigen, auf den Meta-Plattformen ausgegeben. Spitzenreiter ist die FPÖ mit 3.4 Millionen Euro, für ihren Parteiobmann allein gaben sie mehr als 1 Millionen Euro aus. Den zweiten Platz belegen die Grünen mit 2.6 Millionen Euro, dicht gefolgt von der SPÖ mit 2.3 Millionen Euro.

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Der Zugang der FPÖ funktioniert gut: Bei der Nationalratswahl 2024 erzielte sie die besten Ergebnisse bei jungen Leuten mit 27 %, während ÖVP und SPÖ bei rund 20 % lagen. Diese Dominanz könnte sich auch durch den immens großen finanziellen Einsatz für Social Media Werbung erklären lassen.

Ende des Targeting

Besonders relevant dürfte aber ein ganz bestimmter Punkt im Gesetzesentwurf sein. So soll es eine Änderung im Targeting- und Anzeigenschaltungsverfahren geben. Sprich: Die gezielte Ausspielung an Personen basierend auf personenbezogenen Daten soll zukünftig so nicht mehr möglich sein.

Jakob-Moritz Eberl, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Wien mit den Forschungsschwerpunkten Medien, Demokratie und Politik, bewertet diese Änderung gegenüber ZackZack grundsätzlich positiv. Es sei „richtig und wichtig, politische Werbung in Österreich transparent zu gestalten“, warnt er aber gleichzeitig auch vor mehreren Risiken. So könnte beispielsweise durch das mögliche Ausweichen auf Plattformen mit weniger strengen Regeln (z. B. TikTok) „das Risiko höherer Intransparenz“ steigen.

Wie sehr schmerzt das die Parteien?

Auf Anfrage von ZackZack teilen uns mehrere Parteien mit, dass sie sich bereits um möglichst viel Transparenz und datenschutzkonforme Maßnahmen bemühen würden.

So sprechen die Grünen davon, dass sie Anzeigen transparent schalten und „selbstverständlich der Datenschutz-Grundverordnung und den darin enthaltenen Normen für die Verwendung personenbezogener Daten“ folgen. Die NEOS stehen laut Anfragebeantwortung den „geplanten Änderungen bei Targeting- und Anzeigenschaltungsverfahren positiv gegenüber“. Die FPÖ steht der neuen Änderung kritisch gegenüber und spricht von „mehr staatlichen Eingriffen in die politische Kommunikation und somit auch Meinungsbildung“. Die SPÖ begrüßt grundsätzlich die Anpassungen der „formulierten Ziele, gegen Fake News vorzugehen und mehr Transparenz zu schaffen“. Für die Einhaltung der neuen Richtlinien soll die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) zuständig sein.

Ende der Werbeanzeigen auf Meta

Meta selbst kündigt an, dass es als Reaktion auf die neue EU-Verordnung „ab Anfang Oktober 2025 in der Europäischen Union keine Wahlwerbung bzw. Werbung zu politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen mehr zulassen wird.“ Das bedeutet, dass Parteien in Österreich in Zukunft keine Werbeanzeigen mehr schalten können.

Meta begründet diesen Schritt damit, dass die von der EU geforderten Änderungen ein untragbares Maß an Komplexität und rechtlicher Unsicherheit für Werbetreibende und Plattformen in der EU verursachen. Deshalb werde Meta künftig keine politischen, Wahl- oder gesellschaftlich relevanten Anzeigen mehr auf seinen Plattformen in der EU schalten.

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Offizielles Statement von Meta

Jakob-Moritz Eberl beurteilt diese Entscheidung als „strategische Trotzreaktion“ und warnt davor, dass die Definition, was als politische Werbung gilt und was daher verboten wird, bei Meta selbst liegt. Die Reaktion erhöhe nicht die Transparenz, sondern verlagere politische Kommunikation in weniger überprüfbare Formate.

Laut Eberl wird die Entscheidung Metas große Konsequenzen haben, vor allem für NGOs sei der Wegfall von Meta-Werbeanzeigen „wahrscheinlich besonders herausfordernd“. Er zeigt sich von Metas Entscheidung beunruhigt und befürchtet, dass sich „politische Werbestrategien verändern werden und es Akteure geben wird, die versuchen, die Regeln zu umgehen“.

Die FPÖ zeigt sich von dieser Änderung unbeeindruckt; sie könne „auch ohne Werbung sehr viele User erreichen“. Die SPÖ sieht die Entscheidung von Seiten Metas als „drastisch“ und will sich an die dadurch entstehenden „neuen Gegebenheiten anpassen“. Die NEOS sprechen nur davon, sich „auch künftig in den sozialen Netzwerken im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten bewegen zu wollen“.

Auch andere große Digitalkonzerne wie Google oder TikTok Mutterfirma ByteDance dürften Metas Trend folgen. Fakt ist, dass vor allem Parteien, die sich bereits ein sehr großes Publikum auf Social Media aufgebaut haben, von der neuen Änderung wohl weniger betroffen sind, während kleinere Parteien eher stärker betroffen sein dürften. Auch werden ab Oktober viele Nicht-Partei-Accounts unter dem Damoklesschwert der „politischen Werbung“-Definition von Meta stehen.

Autor

  • Johannes Neumeister

    Johannes Neumeister studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Bei ZackZack ist er hauptsächlich für Content Creation und Social Media zuständig. Er ist Mitte 20 und freut sich schon auf die Pension.

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