Samstag, Dezember 6, 2025

Affäre Pilnacek: Staatsanwaltschaft behindert Gerichtsmediziner Tsokos

Der Berliner Gerichtsmediziner Prof. Michael Tsokos widerlegt den Pilnacek-Selbstmord.  Bevor ihr das Pilnacek-Verfahren entzogen wurde, verhinderte die Staatsanwaltschaft Krems noch, dass Tsokos Einblick in die Fotos der Obduktion bekommt.

Am 1. Juli 2025 bestätigte die Oberstaatsanwaltschaft Wien: „Gegenstand der Weisung ist, das seitens Dr. Michael Tsokos bereits erstellte Gutachten beizuschaffen“. Der Berliner Gerichtsmediziner hatte im Auftrag von Rechtsanwalt Volkert Sackmann zwei Privatgutachten zur Ursache des Todes von Christian Pilnacek erstellt. Das erste hat ZackZack vor wenigen Tagen exklusiv veröffentlicht.

Am 28. Juli 2025 wunderte sich der Berliner Gerichtsmediziner noch immer: „keine Anfrage der Staatsanwaltschaft Krems. Ich bin allerdings auch erst wieder im September zurück in Deutschland und würde erst dann mitbekommen, ob etwas zwischenzeitlich angekommen ist. Aber wie gesagt bis vor zwei Tagen lag kein Schreiben der Staatsanwaltschaft Krems vor.“

Aber in Krems ist noch mehr geschehen.

Einsicht mit Gerichtsmediziner

Am 9. Mai 2025 stellte Rechtsanwalt Volkert Sackmann bei der Staatsanwaltschaft Krems einen Antrag auf Akteneinsicht. Diesmal hatte er eine zusätzliche Bitte: „Einsicht in die Lichtbilder des Obduktionsberichts zu gewähren“. Sackmann beschrieb, was er vorhatte: „die Einsicht gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Tsokos, Facharzt für gerichtliche Medizin, vorzunehmen“.

Tsokos war in seinen Gutachten zur Todesursache im Fall „Pilnacek“ zu Schlüssen gelangt, die die Selbstmord-Legende von Landeskriminalamt St. Pölten und Staatsanwaltschaft Krems in zahlreichen Punkten sachlich widerlegten.

Aus zwei Gründen war sich der Rechtsanwalt sicher, dass die Staatsanwaltschaft zustimmen würde: Zum ersten hatte das zuständige Gericht klargestellt, dass Karin Wurm als Opfer gemeinsam mit ihrem Anwalt Sackmann unbeschränkt Akteneinsicht zustünde. Und zweitens hatte die Oberstaatsanwaltschaft Wien erst am 22. April 2025 der Kremser Staatsanwaltschaft die Weisung erteilt, eine Wiederaufnahme des Pilnacek-Verfahrens zu prüfen und dazu die Gutachten aus meinem Pilnacek-Buch zu beschaffen: die von Dr. Stefano Longato in Innsbruck und die von Prof. Michael Tsokos in Berlin.

Nicht bewilligt

Die Antwort aus Krems kam am 21. Mai 2025 und überraschte nicht nur Sackmann: Eine Akteneinsicht durch Prof. Dr. Michael Tsokos wird mangels Parteistellung im Verfahren nicht bewilligt“. Der Kremser Staatsanwältin war offensichtlich nicht klar, dass es hier mit Pilnacek-Gefährtin Karin Wurm nur eine Partei gab und ihr Rechtsanwalt als ihr Vertreter handelte. Tsokos wiederum war nichts als ein Assistent, der dem Rechtsanwalt für die Akteneinsicht zur Verfügung stand.

ZackZack legte das Schriftstück der StA Krems dem renommierten Verfassungsjuristen Univ.Prof. Heinz Mayer vor. Mayer wunderte sich, wie eine Staatsanwaltschaft eine Partei eines Verfahrens mit deren Vertretung verwechseln konnte. “Ich bin fassungslos über das Maß an Rechtsunkenntnis” – mehr fiel Mayer zur Kremser Weigerung, den Gerichtsmediziner seine Arbeit machen zu lassen, nicht ein.

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Krems besteht auf Suizid

Rechtsanwalt Sackmann hat gegen die Aussperrung seines Gerichtsmediziners berufen. In ihrer Ablehnung der Berufung war die Staatsanwaltschaft Krems am 16. Juli 2025 erstaunlich offen: „Das Argument, dass Prof. Dr. Michael Tsokos als Experte hinzugezogen werde, um sich Klarheit darüber verschaffen zu können, ob Mag. Christian Pilnacek verunfallt ist, Suizid begangen hat oder aber ein Gewaltverbrechen vorliegt, übersieht, dass es ausreichende Beweise – die der „Antragstellerin“ aufgrund ihrer vorgenommenen Akteneinsicht bekannt sind – dafür gibt, dass Mag. Christian Pilnacek Suizid begangen hat und es nicht Aufgabe des Opfers ist, ein Ermittlungsverfahren an Stelle der Staatsanwaltschaft zu führen.“

Inzwischen ist der Staatsanwaltschaft Krems das Pilnacek-Verfahren entzogen worden.

Kremser Gericht stützt Kremser StA

Inzwischen hat sich auch das Landesgericht Krems mit einer haarsträubenden Begründung hinter die benachbarte Staatsanwaltschaft gestellt. Lang und breit begründet das Gericht seinen Satz: „Das Gesetz schließt die Zulässigkeit der Inaugenscheinnahme des Beweisgegenstandes in Begleitung einer Person mit besonderem Fachwissen nicht aus.“ Dann greift es zu einem Trick: Die Lichtbilder von der Obduktion gelten für die Kremser Richter nicht als „Beweise“, sondern als „Aktenbestandteile“. Mit diesem Kniff wird Tsokos die Einsicht verboten.

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Jetzt hat die Oberstaatsanwaltschaft Wien einen Schlussstrich unter das Kremser Justiztreiben gesetzt. Der Fall „Pilnacek“ liegt ab nun in Eisenstadt und mit ihm die Frage, ob Michael Tsokos als Deutschlands bekanntester Gerichtsmediziner weiter mit allen Mitteln an der Aufklärung der Todesursache gehindert wird.

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