Manchmal wirkt es, als hätte die FPÖ eine besondere Allergie gegen alles, was nicht sofort stramm salutiert. Kunst zum Beispiel. Also versucht man sie zur Dekoration zu erklären, die gefälligst nicht über den Rand malen darf.
Manchmal wirkt es, als hätte die FPÖ eine besondere Allergie gegen alles, was nicht sofort stramm salutiert. Kunst zum Beispiel. Dieses unberechenbare Wesen, das sich weigert, still im Eck zu sitzen, während man die Welt in einfache Farben pinselt: Blau für die Guten, Dunkel für die Bedrohungen, die man täglich neu erfindet. Kunst aber mischt neu, kratzt, stellt Fragen, die nicht alle hören wollen, schon gar nicht jene, die vom allzu simplen Antworten leben.
Also versucht man sie zur Dekoration zu erklären, die gefälligst nicht über den Rand malen darf. Und wenn sie es doch tut, wird der empörte Zeigefinger gehoben. Skandal! Absurderweise ist dieses Skandal-Gebrülle dem Werk so gut wie nie schadend, im Gegenteil. Aber starke Nerven braucht man als Urhebende und Kuratierende natürlich jedenfalls. Die ewige Leier vom „Volk“, das angeblich beschützt werden muss vor Ideen, die es vielleicht bloß zum Nachdenken bringen könnten, ist bekannt. Neu ist die Shitstormqualität digitaler Zeiten. Das Künstlerhaus kann derzeit ein Lied davon singen, die Überraschung in diesem Fall ist, dass die ÖVP mitmacht, tragisch türkisblaue Reminiszenzen. Statt „Jelinek statt Kunst und Kultur“ gehts diesmal um eine poetische, liebevolle, ja, auch ansatzweise provokative und sehr gelungene Schau „Du sollst dir in Bild machen“. Diese Ausstellung wurde wohlwollendst in diversen Medien besprochen, bevor sich die FPÖ ausnahmsweise statt dem traditionellen migrantischen Nikolo-Bashing, das vermutlich langsam nicht mehr so viel Empörungsclickbait erzeugt, auf sie warf.
Das Künstlerhaus und auch der Kurator Günther Oberhollenzer sowie die Künstlerhaus-Präsidentin Tanja Prušnik gingen in braunen Strömen unter, die sich zum übelriechenden Tsunami auswuchsen. Besucht haben die allermeisten Mailverfassenden die Ausstellung offensichtlich nicht. Verstanden schon gar nicht. Eine klassische rechte bis rechtsextreme Zermürbungstaktik. Und nun stellt sich die Frage: Warum schließen sich Türkise dieser Taktik an? Der Satz „Du sollst dir ein Bild machen“ ist auch in dieser Hinsicht eine äußerst treffende Momentaufnahme. Das Bild, das die Wiener ÖVP dabei macht, ist kein schönes. Schon wird Zensur durch Förderungsentzug angedroht als wäre man bereits im Tiefblauen. Dass die Schau, unter anderem mit Werken von Marina Abramovic und Deborah Sengl, von jener Installation „Grüß Göttin“ eröffnet wird, hat eine traurige Pointe. Die weibliche Form des harmlosen Grußes führt seit Jahren zu viel Empörung und Vandalismus.
So versucht man, Kunst wuttobend zu stutzen wie einen widerspenstigen Strauch. Dabei ist sie, verfassungsrechtlich in ihrer Freiheit geschützt, ein Fenster. Auch wenn manche lieber alle Fenster vernageln würden. Dafür reichen die Bretter vor dem Kopf glücklicherweise aber doch nicht.
Titelbild: Miriam Moné
