Samstag, Dezember 6, 2025

Mein Freund Much

Der wunderbare Zeichner, Cartoonist und Freund Much fehlt, schon jetzt.

Am 17. November ist Michael Unterleitner in Innsbruck gestorben, mit 78, zu jung. Gemeinsam mit seinen Freunden Manfred Deix und Ruud Klein war Much einer der besten Cartoonisten des Landes – und sein unbekanntester.

image

Das lag ausschließlich an ihm. Much hatte zwei Eigenschaften, die ihn privat auszeichneten und ihm beruflich im Weg standen: seine ungewöhnliche Sanftheit und sein völliger Mangel an Ehrgeiz. Er fertigte seine Cartoons für die, die er mochte: seine Sozialarbeiter, seine Bergbauern und seine Freunde. Das Geschäft mit Herausgebern, Verlegern und Werbekunden, das Deix spielerisch beherrschte, blieb ihm völlig fremd.

Extrablatt und News

Gleich am Beginn von Extrablatt waren Much und Deix dabei, gemeinsam mit Christoph Ransmayr, Elfriede Jelinek, Robert Wiesner, Franz Schuh, Helene Maimann, Herbert Lackner, Georg Hofmann-Ostenhof, Ruth Beckermann und auch mir. Dort fing es für viele von uns an, das berufliche Schreiben und für die beiden das Zeichnen.

Much arbeitete jahrelang für News. Immer wieder gab es Sammelbände wie Tolle Perspektive, Kraut und Rüben, Fehleinschätzungen II und Schad ums Geld und natürlich den schönen Bergbauernkalender. Da sieht man noch heute, wie gut er jahrzehntelang war.  

image

Manfred Deix hat mir oft erzählt, wie sehr er Much bewunderte. Er wusste, wie viel der scheinbar schnelle, flüchtige Zeichner konnte.

Nazis hasste Much, auch, weil seine Mutter, hätte sein künftiger Vater sie nicht gut geschützt, von ihnen ermordet worden wäre. Die Hüter*innen der politischen Korrektheit strafte er mit gütiger Verachtung. Dafür lüftete er Geheimnisse der Provinz.

image

Damals, als wir schon verlässlich linienuntreu, aber noch deutlich revolutionärer waren, versandten wir zu Weihnachten Muchs Karten.

grafik

Meine Arbeit als junger Abgeordneter der Grünen begleitete er aufmerksam. Er war der Einzige, der die Opus Dei-Spur aufnahm.

image

Schon vorher, als junger Ökonom, der die Rüstungsindustrie untersuchte, war ich ins Visier eines ÖVP-Abgeordneten namens Wimmersberger geraten. Der war einem Moskauer Agentenring auf der Spur, in dem Wissenschaftsminister Heinz Fischer und Wirtschafts-Professor Alexander Van der Bellen Hauptrollen spielten.

Haarsträubende Berichte des Heeresnachrichtenamtes zwangen Much als FOdHS und mich als HS, ein schriftliches Geständnis abzulegen: „Ich, Peter Pilz, tat es für Geld. Ich, Michael Unterleitner, für Tatjana. Spielschulden und eine schöne Agentin – das war unser Schicksal“.

HS war der Hauptspion und FOdHS der Führungsoffizier des Hauptspions. Wir waren geliefert und organisierten mit dem „Ball der Spione“ den Höhepunkt der Ballsaison 1985.

Eines der Fotos, die uns überführten, zeigte uns mit einem toten Briefkasten.

grafik

Muchs Frau Carol ist meine Trauzeugin. Wir werden uns in Natters und in Wien wiedersehen, die vielen Fotos anschauen und uns an die große Portugalfahrt im kleinsten Auto, den letzten Urlaub in der Villa in Lerici, an ausgiebige Wanderungen und an seltsame Torten erinnern. An den Moment, als wir mit Pilzen beladen aus meinem steirischen Wald kamen und erfuhren, dass die Türme des World Trade Center eingestürzt waren. An unsere Anfänge im VSStÖ und an die letzten Essen in der Sonne von Natters.

Much hat Katzen gepflegt, Strohhüte gerettet und uns zum Lachen gebracht, wenn es wieder einmal zum Weinen war. An all das werden wir uns erinnern.

Und an unseren Much. 


Titelbild-Credits: IMAGO / Rudolf Gigler

Autor

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

13 Kommentare

13 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare