Samstag, Dezember 6, 2025

Pilnacek-Doku auf Servus TV: das Leichenfoto-Leak

Servus TV hat den Ex-ORF-Journalisten Gernot Rohrhofer für eine seltsame Pilnacek-Doku verpflichtet. Jetzt muss geklärt werden, wer die streng geheimen Leichenfotos geleakt und missbraucht hat.

Wenn es um Christian Pilnacek geht, hat Sebastian Kurz einen Lieblingsjournalisten: Gernot Rohrhofer, der nach seinen Rausflügen bei ORF und Die Presse jetzt bei Servus TV untergekommen ist. Gestern Abend brachte Servus TV in seinem Format “Blickwechsel” die Doku “Der Fall Pilnacek”. Neben dem Sektionschef spielte Rohrhofer als Redakteur, Interviewer und Interviewter die zweite Hauptrolle.

grafik
Quelle: https://tvheute.at/servustv-programm/sendung/blickwechsel-spezial-doku_-2004091923

Es ist ein seltsamer Beitrag geworden. Pilnacek verkörpert ein Darsteller mit Boxernase. Hier wird die erste Grenze überschritten.

Torkeln und wackeln

Im Gerichtsmedizinischen Gutachten vom November 2023 heißt es noch: „Auch fanden sich keine Hinweise auf eine maßgebliche Einschränkung der Handlungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Ins-Wasser-Gelangens.“

Rohrhofers Pilnacek hält sich nicht an das Gutachten. Der Sektionschef-Darsteller scheint schwerst betrunken und kann sich kaum auf den Beinen halten. Am Tennisplatz vorbei torkelt er über den Güterweg und wackelt ins Wasser. So nimmt man sich das Leben, wenn Rohrhofer in der Redaktion sitzt.

Zuammenschnitt/ Quelle: ServusTV

Details spielen dabei keine Rolle. Die schwarze Aktentasche, in der Sobotkas Mitarbeiterin Anna P. Pilnaceks Laptop gemeinsam mit dem Sektionschef nach Rossatz führte, wird hellbeige. Die Verbrennung des Handys wird mit dem falschen Gerät nachgestellt. Gerichtspräsidentin Caroline List hat Glück, dass der Mann mit der Boxernase nicht auch sie darstellen musste.

Kein Tsokos, kein Ausschuss

Am spannendsten ist allerdings, was Rohrhofer auslässt. Niemand erfährt,

  • wie und warum die Oberstaatsanwaltschaft Wien aufgrund der Privatgutachten von Stefano Longato und Michael Tsokos die Prüfung der Wiederaufnahme der Ermittlungen zur Pilnacek-Todesursache angeordnet hat;
  • wie die Staatsanwaltschaft Krems mit ihren Ermittlungen endgültig in einer Sackgasse aus Inkompetenz und Unvereinbarkeit gescheitert ist und mit welchen Begründungen die Oberstaatsanwaltschaft kurz darauf das Pilnacek-Verfahren der Staatsanwaltschaft Krems entzogen hat;
  • wie der Berliner Gerichtsmediziner Michael Tsokos mit vielen detaillierten Befunden das offizielle Gutachten widerlegt und den Verdacht eines Tötungsdelikts begründet;
  • was beim dritten Telefonat zwischen Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. und Polizei-Generals Takacs passiert ist;
  • und dass die FPÖ bereits einen Pilnacek-Untersuchungsausschuss eingesetzt hat, der demnächst mit der Arbeit beginnen wird.

Geheime Fotos

In einem Punkt ist man diesmal wahrscheinlich zu weit gegangen. Rohrhofer führte ein Interview mit einem deutschen Gerichtsmediziner. Der erklärte schlüssig: „Also ich denke, wenn man seriös so etwas begutachten will, dann muss man auch die vollständigen Unterlagen haben. Das ist ganz wichtig. Da muss man auch Lichtbilder haben von der Obduktion, von den Verletzungen am Leichnam. Sonst kann man nicht die Verletzung, die Verletzungsschwere nicht richtig beurteilen.“

Hat der deutsche Mediziner die Unterlagen erhalten? Seine Antwort war eindeutig: „Nun, wenn man sich die ganzen Unterlagen anschaut, dann gibt es einige Punkte, die für einen Suizid sprechen.”

Servus TV gab zu: „Für das Interview stellen wir (dem Gerichtsmediziner) sowohl Leichenfotos als auch das Obduktionsgutachten zur Verfügung, das die Staatsanwaltschaft Krems in Auftrag gegeben hat. Dort heißt es, dass Christian Pilnacek ertrunken ist und es keine Hinweise auf Fremdverschulden gibt.”

Unter Verschluss

Die letzte Behauptung stammt vom Landeskriminalamt und ist falsch. Aber bei den Fotos ist mehr geschehen als eine Irreführung der Öffentlichkeit. Die Fotos der Leiche hielt die Staatsanwaltschaft Krems seit mehr als zwei Jahren streng unter Verschluss. Karin Wurm durfte sie als Opfer nur vor Ort in Krems einsehen. Ihrem Sachverständigen, dem Berliner Gerichtsmediziner Michael Tsokos, wird bis heute jede Einsicht verwehrt.

Rohrhofer lebt in Krems. Er hat in keinem der Verfahren Parteienstellung. Hat er die Leichenfotos von der Staatsanwaltschaft bekommen? Hat der Kremser Rohrhofer dafür auf alle detaillierten Berichte über das Totalversagen der Staatsanwaltschaft Krems verzichtet? Spätestens im kommenden Untersuchungsausschuss wird das alles geklärt werden.

Einen Tag nach der Ausstrahlung wunderten sich viele, die den Fall „Pilnacek“ kennen, dass Servus TV Rohrhofer engagiert hat. „Hätte ich gewusst, dass Rohrhofer hinter dem Beitrag steckt, hätte ich niemals ein Interview gegeben“, ärgert sich Kronen Zeitung-Journalist Erich Vogl, der viel zur Aufklärung des Falls beigetragen hat.

Autor

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

209 Kommentare

209 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare